Epilepsie bei Katzen: Bildgebung & Infektionstest
Magnetresonanztomografie
Als bildgebende Methode für die Beurteilung eines Gehirns bei Krampfanfällen ist die Magnetresonanztomografie (MRT) sehr bedeutend. MRT ermöglicht die Abbildung sämtlicher anatomischen Ebenen und bietet eine hervorragende Weichteilkontrastauflösung.
Anwendung
Verdacht auf eine strukturelle Epilepsie – z. B. bei nervenbedingten Auffälligkeiten zwischen den Anfällen.
Alter der Katze liegt bei Anfallsbeginn unter 6 Monaten oder über 6 Jahren
Stützung der Diagnose einer genetischen Epilepsie
Bei wiederkehrenden Anfällen – selbst wenn eine reaktive Ursache ausgeschlossen wurde
Zur rechtzeitigen Diagnose eines Thiaminmangels – aufgrund charakteristischer Schadensverteilung und Signaländerungen
Durchführung
Vor Durchführung der MRT wird eine minimale Datenbasis erhoben (Blutbild, Blutchemie, Elektrolyte, Harnanalyse) und evtl. weitere Untersuchungen zum Ausschluss reaktiver Anfälle veranlasst. Für diese Untersuchung ist bei Katzen eine Vollnarkose erforderlich – diese stellt zugleich das mit diesem Verfahren verbunden Hauptrisiko dar. Hierzu sollte der Katze ein leicht zugänglicher intravenöser Katheter gelegt, sie beatmet und sofern notwendig, ventiliert und überwacht werden [Herz- und Atemfrequenz, Elektrokardiogramm (EKG), Sauerstoffsättigung, ausgeatmetes Kohlendioxid und Körpertemperatur]. Während der gesamten Dauer ist ein ausreichender Blutdruck und die Sauerstoffversorgung sicherzustellen.
Informationsgewinnung & häufige Sequenzen für die Hirnbildgebung
MRT-Sequenzen gewinnen Informationen, indem sie Unterschiede im Verhalten von Wasserstoffprotonen in verschiedenen Geweben bei wechselnden Magnetfeldern nutzen. Die MRT-Feldstärke, Protokolle, Interpretationstechnik und das Fachwissen beeinflussen die Fähigkeit, Epilepsie verursachende Schäden & Störungen zu erkennen.
T1-Gewichtung (T1W/T1WC)
T2-Gewichtung (T2W)
T2-Gewichtung – Wassersättigung (FLAIR)
T2*-Gewichtung Gradientenecho (T2*W GRE)
weitere Sequenzen zur Anwendung bei spezifischen Störungen
Diffusionsgewichtete Magnetresonanztomografie (DWI)
Perfusionsgewichtete Magnetresonanztomografie (PWI)
Fett-Signal-Unterdrückung (STIR)
chemische Fett-Signal-Unterdrückung (SE fs)
Auswertung
MR-Bilder werden insbesondere auf Veränderungen anatomischer Strukturen und Signalintensität des Hirnnervenzellgewebes (Hirnparenchym) untersucht. Verdächtige Abweichungen sollten in verschiedenen Bildebenen und Sequenzen verglichen werden. Der Vergleich der Signale auf verschiedenen Pulssequenzen ermöglicht die Beurteilung der Gewebeeigenschaften. Für die richtige Interpretation der Bilder sind neben Kenntnissen der Hirnanatomie inkl. normaler anatomischer Variationen auch das Bewusstsein für Bildartefakte wichtig. MRT ist für die Diagnose von neoplastischen, entzündlichen und zerebrovaskulären Gehirnerkrankungen bzgl. Sensitivität und Spezifität wichtig.
Sensitivität
Wie genau ein Verfahren eine bestimmte Krankheitsursache feststellen kann – richtig positives Testergebniss aus einer Gesamtmenge richtig positiver und falsch negativer Testergebnisse.
Spezifität
Wie viele gesunde Patienten werden auch als solche erkannt – richtig negatives Testergebniss aus der Gesamtmenge falsch positiver und richtig negativer Testergebnisse.
Magnetresonanz-Volumetrie
MRT-gestützte Volumetrie und Morphometrie werden verwendet, um die Größe und Form von Hirnstrukturen zu vergleichen. Volumetrische Messungen können mit einer Vielzahl von Methoden durchgeführt werden. Die am häufigsten verwendete Methode ist die voxelbasierte Morphometrie (VBM) bei der die lokale Gewebeverteilung, insbesondere von grauer und weißer Substanz untersucht wird. Sie dient dazu Hirnstrukturen aus der tomografischen Bildgebung durch Größe, Intensität, Form- und Texturparameter zahlenmäßig zu beschreiben. Die MRT-Volumetrie kann Volumenabnahmen von den folgenden Strukturen erkennen, die funktionell mit dem Hippocampus verbunden sind.
Mandelkern (Amygdala)
Rinde am Großhirnlappen (entorhinaler Cortex)
Struktur des limbischen Systems im Großhirn (Fornix)
An der Hirnbasis gelegener Höcker (Mamillarkörper)
Das Verfahren kann helfen Veränderungen dieser Strukturen während der sog. Epileptogenese zu untersuchen. Epileptogenese beschreibt die Entstehung epileptischer Aktivität – zum einen die krankhafte Erregung von Nervenzellen und zum Zweiten die fehlende Erregungsbegrenzung. Der Volumenverlust scheint mit der Dauer der Epilepsie in Zusammenhang zu stehen und kann mit einer vorbestehenden Verletzung oder als Folge wiederholter Anfälle verbunden sein.
Diffusions-Tensor-Bildgebung
Die Diffusions-Tensor-Bildgebung (DTI/DT-MRI) ist eine relativ neuartige MR-Technik, die sich aus der diffusionsgewichteten Bildgebung entwickelt hat. DTI misst die Diffusionseigenschaften von Wasserprotonen im Gewebe und kann subtile Veränderungen der weißen Substanz in verschiedenen krankhaften Zuständen inkl. Epilepsie erkennen. DTI ist eine empfindliche Methode zur Erkennung von Auffälligkeiten bei Patienten mit fokalen und generalisierten Epilepsien, selbst in Strukturen ohne erkennbare Veränderungen wie in der konventionellen MRT. Darüber hinaus kann DTI helfen, Änderungen in den Nervenzellverbindungen des epileptischen Gehirns zu untersuchen.
funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRT)
Neben der strukturellen MRT umfasst die Untersuchung von Epilepsie bei Menschen häufig eine funktionelle Bildgebung durch Magnetresonanzspektroskopie (MRS), Positronenemissionstomografie (PET), Einzelphotonenemissions-Computertomografie (SPECT) und funktionelle MRT (fMRT). Diese funktionellen bildgebenden Verfahren wurden in Tiermodellen bereits verwendet und ihre klinische Anwendung in der Veterinärmedizin kann die Beurteilung und Behandlung epileptischer Tiere deutlich verbessern.
Magnetresonanzspektroskopie/ Kernspinresonanztomografie
Anwendung
Die Magnetresonanzspektroskopie (MRS) und die damit verbundene Technik (MRSI) werden in der (außer)klinischen und in der klinischen Praxis zur nicht-invasiven Beurteilung des Hirnstoffwechsels eingesetzt. MRS kann in einer einzigen integrierten Untersuchung mit konventioneller Hochfeld-MRT durchgeführt werden. MRS registriert Magnetresonanzsignale, die von Wasserstoff oder Phosphor Atomkernen erzeugt werden, um die relativen Konzentrationen der Metaboliten – Zwischenprodukte des Zellstoffwechsels – in der Zielregion des Gehirns abzuschätzen.
Informationsgewinnung & häufige Sequenzen für die Hirnbildgebung
1H oder Protonenspektroskopie sind die am häufigsten verwendeten Arten von MRS. MRS von Kohlenstoff, Natrium und Fluorid Atomkernen können mit einer MRT-Feldstärke von 3-Tesla oder mehr durchgeführt werden.
Protonenspektren können entweder mit einer langen (TE >100 ms) oder einer kurzen Echozeit (TE 20-35 ms) erfasst werden. TE > 100 ms liefern Informationen über N-Acetylaspartat (NAA), cholinhaltige Metaboliten (Cho), Kreatin/Phosphokreatin (Cr) und Laktat (Lac). TE 20-35 ms hingegen Infos über NAA, Cr, Cho, Lac, Glutamat, Glutamin (Glx), Myoinositol (mI), Aspartat, Alanin und verschiedene andere Metaboliten. Diese Werte stellen Marker dar, die entsprechende Rückschlüsse zu lassen.
n-Acetylaspartat: neuronaler & axonaler Marker der bei neuronalem Abbau oder Dysfunktion abnimmt.
Kreatin/Phosphokreatin: Marker für einen intakten Energiestoffwechsel des Gehirns
cholinhaltige Metaboliten: Marker für Membransynthese oder Reparatur, Entzündung oder Demyelinisierung
Laktat: ein Metabolit der anaeroben Glykolyse
Myoinositol: ein Gliamarker
Glutamin: ein epileptogener erregender Neurotransmitter
Reduzierungsverhältniss von n-Acetylaspartat zu Cholin, Kreatin und Phosphokreatin: ein Marker für Nervenzellverlust und Dysfunktion
Die sog. 31P-Magnetresonanzspektroskopie (31P-MRS) ist die zweithäufigste Art von MRS und kann Adenosintriphosphat, Phosphodiester, Phosphomonoester, Phosphokreatin und anorganisches Phosphat erkennen und den pH-Wert innerhalb des Gehirns schätzen. MRS ermöglicht es, metabolische Unregelmäßigkeiten bei Krampfanfällen und ihrer Ausbreitung zu erkennen. Sie können sogar dann ausgemacht werden, wenn in der konventionellen MRT keine Hinweise auf strukturelle Anomalien vorliegen. MRS die während oder unmittelbar nach Anfällen durchgeführt werden, können Metabolitveränderungen aufzeigen die Anfälle herbeiführen.
Positronen-Emissions-Tomografie und Single-Photon-Emissions-Computertomografie
Die molekulare Bildgebung mit der Positronenemissionstomografie (PET) und der Einzelphotonenemissions-Computertomografie (SPECT) kommt in Klinik und Forschung zur Anwendung. PET und SPECT werden zur Identifizierung der epileptogenen Schwerpunkte von Patienten mit hartnäckiger fokaler Epilepsie vor einer Operation eingesetzt. Die funktionelle Bildgebung mit PET und SPECT spiegelt anfallsbedingte Veränderungen der Glukoseaufnahme und des Glukosemetabolismus, dem Status der Neurorezeptoren (chem. Hormone) und der Hirndurchblutung wider.
SPECT: Hier werden die radioaktiven Substanzen verwendet um regionale Veränderungen der Hirndurchblutung während des Anfalls (iktal) sowie der Zeit zwischen den Anfällen (interiktal) zu beurteilen. Der epileptische Fokus wird sich typischerweise als ein Bereich der Blutflussabnahme zwischen den Anfällen und als Blutflusszunahme während des Anfalls zeigen.
Iktales SPECT: Ist interiktalem SPECT zur Identifizierung der Lokalisation oder Lateralisierung epileptischer Herde bei Patienten mit Temporallappenepilepsie überlegen. Die Sensitivität bei iktalem SPECT beträgt 73 bis 97% und bei interiktalem SPECT 50%. Bei Patienten mit Extratemporallappenepilepsie beträgt die Sensitivität der iktalen SPECT lediglich 66%.
SISCOM: In diesem Verfahren wird das iktale SPECT mittels Subtraktionstechnik vom interaktalen SPECT subtrahiert und auf das MRT überlagert. SISCOM hat die Sensitivität von iktalem SPECT deutlich verbessert und kann den epileptischen Fokus genauer festmachen. Allerdings kann je nach Zeitpunkt der Injektion ein epileptischer Fokus mit einer iktalen Blutflusszunahme/ Blutflussabnahme einhergehen oder sich sogar durchmischen. Daher sollten iktales SPECT und SISCOM sorgfältig mit klinischen Informationen, Merkmalen und Dauer des Anfalls, iktalem EEG-Muster zum Zeitpunkt der Injektion interpretiert werden. SISCOM ist auch nützlich für die Lokalisierung von Hirnstrukturen die bestimmte Anfallsymptome erzeugen, die Untersuchung von Ausbreitungswegen sowie dem Ablauf von Krankheitsprozessen anderer neurologischer Erkrankungen und Schlafstörungen.
Vermessungsröntgenaufnahme des Brustkorbs und Ultraschall des Bereichs zwischen Brustkorb und Becken (Abdomen)
Die Röntgenaufnahme des Brustkorbs und die Röntgenaufnahme oder Ultraschalluntersuchung des Bauches sollte bei Katzen mit Verdacht auf neoplastische oder systemische Infektionskrankheiten wie z. B. Pilzbefall zum Einsatz kommen. Der Bauchultraschall ist auch angezeigt, um spezielle Stoffwechselstörungen zu untersuchen, die Anfälle verursachen. Hierzu zählen u. a. ein niedriger Blutzucker verursacht durch ein Insulinom und die Leber-Hirn-Störung (hepatische Enzephalopathie) aufgrund eines Lebershunts (portosystemischer Shunt). Diese Gefäßmissbildung bewirkt eine mangelnde Leberfunktion und führt zur Ansammlung von Toxinen im Blut die ihrerseits in neurologischen Symptomen münden.
Test auf Infektionskrankheiten
Die Untersuchung auf Infektionskrankheiten wird durchgeführt, wenn Gehirnentzündung (Enzephalitis) oder eine kombinierte Entzündung von Gehirn & Hirnhaut (Meningoenzephalitis) vermutet wird.
Signale der Katze
Anamnese (inkl. der Region in der diese gelebt hat bzw. lebt)
Symptome und Ergebnisse weiterer diagnostischer Untersuchungen (inkl. Mindestdatenbank, Thorax- und Bauchbildgebung, Liquorroutineanalyse, MRT)
Die Ergebnisse von Tests auf Infektionskrankheiten sollten im Zusammenhang mit diesen Informationen interpretiert werden.
Immunologische Tests
Immunologische Tests messen Antikörper gegen einen spezifischen Erreger in Serum, Liquor oder beidem (z. B. Toxoplasma gondii, Anaplasma spp.) oder Antigenkonzentrationen in Serum, Liquor oder Urin (z. B. Cryptococcus, Aspergillus und Blastomyces dermatitidis). Das Vorhandensein von Antikörpern deutet auf eine Aussetzung und Immunantwort gegenüber einem Erreger hin, bestätigt aber keine aktuell vorhandene Infektion. Darüber hinaus können Antikörper aus einer früheren Impfung oder einer Kreuzreaktivität mit Antikörpern resultieren, die gegen ein anderes Mittel (z. B. Felines Coronavirus (FIPV/FECV) produziert werden. Die Auswertung sowohl von Immunglobulin M (IgM) als auch von Immunglobulin G (IgG) – spiegeln eine akute bzw. chronische Infektion wider –, Messung der Antikörpertiter oder die Berechnung des Antikörperindex kann helfen, die vermutete Diagnose zu stützen. Eine aktuelle oder aktive Infektion wird durch das Vorhandensein von IgM, einen ansteigenden Antikörpertiter über 2 bis 3 Wochen oder eine Serokonversion (negatives Antikörperergebnis beim ersten Test und positives Antikörperergebnis 2–3 Wochen später) nahegelegt.
Antigen-Antikörper-Reaktionen können bei sehr plötzlich auftretenden Infektionen negativ sein, wenn humorale Immunantworten keine Zeit hatten sich zu entwickeln (Produktion von Antikörpern durch die B-Lymphozyten die ins Blut abgegeben werden) und bei immungeschwächten Katzen die evtl. keine humorale Immunantwort auslösen. Der Nachweis der Antigenkonzentration in Körperflüssigkeiten oder Gewebe ist spezifischer und kann empfindlicher sein als Antikörpertiter für bestimmte Krankheitserreger (z. B. Blastomyces dermatitidis), hängt jedoch von der Anwesenheit des Mikroorganismus in der untersuchten Probe ab.
Molekulardiagnostische Tests
Polymerase-Kettenreaktion (PCR), Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion (RT-PCR) und andere Kombinationen konventioneller PCR können kleine Mengen der Nukleinsäuren (DNA oder RNA) des infektiösen Erregers in Flüssigkeiten oder Geweben aufdecken und exponentiell vermehren. PCR oder RT-PCR kann am Liquor für verschiedene infektiöse Erreger wie z. B. FIPV, Bornavirus, Toxoplasma gondii, Rickettsia spp. und Streptococcus durchgeführt werden. PCR-Tests können aber auch falsch positive Ergebnisse liefern. Das kann z. B. bei erneute Vermehrung von DNA-Abschnitten einer zuvor positiven PCR-Reaktion oder eines falsch negativen Ergebnisses passieren – das gilt insbesondere für RNA-Viren. Nukleinsäuren des Erregers befinden sich zwar im ZNS-Gewebe, sind in der Liquorprobe aber nicht oder nicht nachweisbar vorhanden – der verursachende Erreger ist im ZNS nicht mehr vorhanden – unsachgemäße Probenbehandlung.
Wie bereits Eingangs erwähnt muss das Resultat der PCR in Verbindung mit den Ergebnissen der immunologischen Tests, weiteren Untersuchungen und der klinischen Präsentation der Katze interpretiert werden. Das Vorhandensein von Nukleinsäure des Erregers in einer Probe zeigt an, dass das Nukleinsäurematerial in der Katze vorhanden ist, es zeigt aber nicht an, dass der infektiöse Erreger lebt, zur Vermehrung fähig ist oder klinische Symptome bei der Katze verursacht. Fortschritte in der PCR-Technologie können die Empfindlichkeit und Spezifität dieses Tests zukünftig erhöhen.
Bakterienkulturen
Aerobe und anaerobe Bakterienkulturen (Blut, Urin und Liquor), antimikrobielle Empfindlichkeitsprüfungen sowie Pilzkulturen in Liquor oder anderen Proben sollten dann durchgeführt werden, wenn der Verdacht auf diese Infektionserreger besteht – die Empfindlichkeit ist jedoch meist gering.