Epilepsie bei Katzen: genetische & unbekannte Form
Definition
Hinweis: Gem. der ILAE 2017 wird die bis dahin als idiopathisch bezeichnete Epilepsie, aufgeteilt in genetische und unbekannte Epilepsie. Da es keine allgemein verpflichtenden Bezeichnungen gibt, Fachliteraturen vor 2018 nicht diese Anpassung haben und die alte Bezeichnung noch weit verbreitet scheint, werden in den nachfolgenden Texten bis auf Weiteres die Originalbezeichnungen der jeweiligen Fachliteratur verwendet.
Dauerhafte und sich wiederholende Anfälle ohne nachvollziehbare Ursachen werden als "idiopathisch" bezeichnet und gelten allgemein als genetisch bedingt. Dabei wird der Begriff idiopathische Epilepsie (IE) nicht auf alle Katzen mit Epilepsie angewendet, bei denen die Ursache unbekannt ist. Es bezieht sich nur auf anerkannte klinische Syndrome mit charakteristischen Merkmalen (z. B. dem Alter beim ersten Auftritt & dem Fehlen weiterer neurologischer Symptome). Jede der neueren Einteilung "genetische Epilepsie" oder "unbekannte Epilepsie" in Fachliteraturen kann also idiopathische Epilepsien umfassen.
Kryptogene Epilepsie bezieht sich auf wiederkehrende Anfälle, die durch eine Erkrankung des Gehirns verursacht wird. Die wahrscheinliche Ursache ist allerdings trotz detaillierter Untersuchungen inkl. Bildgebung nicht nachweisbar. Das können z. B. unentdeckter Sauerstoffmangel, Vorgänge im Zusammenhang mit Blutgefäßen, Veränderungen nach einer Gehirnentzündung und Spätschäden von Verletzungen sein. Tiere mit kryptogener Epilepsie können zwischen den einzelnen Anfällen Verhaltensstörungen und / oder neurologische Abweichungen (keine Anfälle) aufweisen.
Sonderform
Ursachen
Verbreitung
- Eine andere Studie berichtet von 21-59% der Katzen, bei denen keine Ursache ermittelt werden konnte und damit als idiopathisch eingestuft wurden.
- Im Gegensatz hierzu weist eine neuere Studie unter Anwendung strengerer Kriterien einen Anteil von lediglich 22 % epileptischer Katzen ohne Ursache aus.
- Bei einem Großteil der Studien wird in 22-38 % der Katzen mit Epilepsie keine Ursache festgestellt.
Diagnostik
ausführliche Befragung des Katzenhalters durch den Tierarzt (Anamnese)
- körperliche & geistige Untersuchungen u. a.
- Bluttests
- MRT des Gehirns
- Liquoruntersuchung
- Alter & Zeitpunkt beim ersten Ausbruch (meistens zwischen 6 Monaten und 6 Jahren)
- Verhalten zwischen den Anfällen
- Ausschluss von Stoffwechselstörungen, Vergiftungen & strukturellen Schäden des Gehirns
Bericht aus einer geschlossenen Gruppe von Laborkatzen
Der Nachweis einer genetischen Grundlage für sich wiederholende epileptische Anfälle ist im klinischen Bereich kompliziert. Da eine genetische Grundlage, bei diesen Katzen, weder angenommen noch belegt wurde und die diagnostischen Untersuchungen manchmal nicht komplett waren. Aufgrund einer Analyse des Katzenstammbaums wurde eine autosomal-rezessive Vererbungsform angenommen; sprich beide Elternteile mussten über den Gendefekt verfügen, um ihn zu vererben.
Teilnehmer
- 166 Katzen, davon hatten 23 Katzen (16 Kater & 7 Kätzinnen) wiederholt Anfälle. 14 (9 Kater & 5 Kätzinnen) dieser 23 Katzen wurden untersucht.
- Rasse nicht angegeben
Untersuchungen
Antigen-Antikörper-Reaktionstests für Hauptviren und Toxoplasma gondii
Serumbiochemie (Komponenten von Körperflüssigkeiten & deren biologischen Verhaltensweisen)
1,5 Tesla MRT des Gehirns und Analyse der Gehirnrückenmarksflüssigkeit
- Hämatologie (Lehre vom Blut & seinen Krankheiten)
Blutgasanalyse (Gasverteilung von Sauerstoff, Kohlendioxid, ph-Wert & Säure-Basen-Haushalt im Blut)
Urinanalyse (chem. Zusammensetzung & feste/ungelöste Bestandteile des Harns)
Elektrolyte (geschmolzene oder gelöste Substanzen die sich in einem elektr. Feld trennen)
Ergebnisse
- Die Inzucht der epileptischen Katzen ergab sechs mutmaßliche homozygote Kätzchen (keine gesunden Gene im Erbgut). Keine dieser Katzen, im Alter von 5-14 Monaten, hatte zum Zeitpunkt der Studie Anfälle.
- Die meisten Anfälle traten während des Schlafes auf und machten sich bemerkbar durch Kopfdrehen, einseitige Gesichtszuckungen, vermehrten Speichelfluss und Kreisen; gefolgt von generalisierten tonisch-klonischen Anzeichen.
- Ein zwischen zwei Anfällen veranlasstes Kopfhaut-EEG unter Sedierung/Anästhesie zeigte häufige Entladungen, die aus Spikes und scharfen Wellen bestanden.
- Krampfanfälle traten bei 6 von 14 epileptischen Katzen (43 %) mit einer Häufigkeit von 0,5 bis 19 Anfällen / Monat während der 2-monatigen kontinuierlichen Videoüberwachung auf.
- Die Katzen wiesen eine genetische Anfälligkeit für wiederkehrende Anfälle auf.
- Das Alter beim ersten Anfall lag zwischen 4-12 Monaten. In einer anderen Studie wurde das Alter mit 12-48 Monaten angegeben.
- Die physischen & psychischen Ergebnisse der Untersuchungen waren unauffällig.
- Alle Katzen hatten fokal-einsetzende komplexe Anfälle; gefolgt von sekundär generalisierten tonisch-klonischen Anfällen.
Therapie
Mögliche Nebenwirkungen von Phenobarbital
- Immun vermittelte Überempfindlichkeit z . B. Hautentzündung (Dermatitis) und Lymphknotenschwellung (Lymphadenopathie).
- verminderte Anzahl weißer Blutkörperchen (Leukopenie)
- Blutplättchenmangel (Thrombozytopenie)
- Erhöhung der Leberenzymwerte
- Störung in der Bewegungskoordination (Ataxie)
- teilw. Lähmungen (Paresen)
- Dämpfung des zentr. Nervensystems (Sedation)
- ungewöhnlich gesteigerte Nahrungsaufnahme
Neuartige und ergänzende Behandlungen
Da der Einsatz von Standardmitteln bei Katzen mit idiopathischer Epilepsie nur eingeschränkt funktioniert, gibt es einen Markt an ergänzenden Behandlungsmöglichkeiten. Deren Minuspunkte sind im Zusammenhang mit Katzen, das sie nicht ausreichend erforscht, zu teuer, zu aufwendig und/oder unerwünschte Nebenwirkungen haben. Außerdem ist nicht eindeutig, ob die in menschlichen Studien gemachten Erfahrungen direkt auf Katzen übertragen werden können. Darüber hinaus sind manche pflanzlichen Stoffe in Verbindung mit Standardmedikamenten in der Lage die Wirkung zu beinträchtigen und damit epileptische Anfälle zu verschlimmern.
- Neurostimulation
- Vagusnervstimulation
- Thalamus Stimulation
- Akupunktur
- Ernährungstherapie
- Chirurgische Therapie
- Homöopathische Therapie
- Pflanzenheilkunde
Meinung: Anfälle können ein lebensbedrohliches Ausmaß annehmen, die unbehandelt schwere Schäden und Leid für Tier und Halter bedeuten können. Deshalb rate ich eindringlich von einer nicht gut erforschten und belegten Behandlungsmethode inkl. Eigenversuchen ab. Zumindest zurzeit stellen sie keine Behandlungsmethode da, die man in Erwägung ziehen sollte. Lebensbedrohende Krankheiten sind kein Feld für Experimente! Verlassen Sie sich bitte nur auf fachmedizinisches Personal.
Prognose
Die Lebenserwartung von Katzen mit idiopathischer Epilepsie ist deutlich höher als von Katzen mit einer strukturellen Epilepsie.