Tierquälerei: Demografie (Täter & Opfer)

Geschlechtsunterschiede

Frauen sind generell nett zu Tieren? Die Biografien von zwei Frauen aus der Schurman-Kauflin Studie sowie von Carr, Falling, Knight, Rendell, Sanchez und insbesondere Bell, Camacho, Denyer, McClintic, Mitchell und Ross, übertreffen sogar männliche Täter an perfider Grausamkeit! Einen Einblick in deren Taten gewährt bereits Tierquaelerei: Kinder, Nachbarn und Serienmoerder Daten und Taten, weshalb nun ein anderes Fallbeispiel folgt. 

Joanne Hinojosa stritt sich an einem Morgen im Januar 2006 mit ihrem getrennt lebenden Mann vor dessen Haus — der Disput eskalierte. Sie prügelte auf ihn ein, während er die Straße herunter flüchtete, um die Polizei zu rufen. Da ihr Ex-Mann nicht mehr verfügbar war, wendete sich Joanne nun dessen Hund zu und ließ an ihm ihre Wut aus. Sie schleppte die Mischlingshündin Marti ins Haus und stach anschließend mit einem Messer auf sie ein. Die eintreffende Polizei fand Marti in einer Blutlache — auf das Tier wurde 27 Mal eingestochen und das Messer steckte noch in ihrer Flanke. Die Beamten brachten sie zwar umgehend zur Notoperation in ein Klinikum, aber es war bereits zu spät. Joanne`s Anwalt gab später an, dass seine Klientin unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leide. Sie bekannte sich der Tierquälerei für schuldig und wurde zu sechs Monaten Gefängnis und einer Aggressionstherapie verurteilt.

Tiere werden oft in gewaltsame eheliche Auseinandersetzungen verwickelt wie z. B. zur Machtausübung oder Erpressung. Laut Frank Ascione (Entwicklungspsychologe und Direktor des Institute for Human-Animal Connection), erzählten über 70 % der geschlagenen Frauen, dass ihr Partner auch ein Haustier misshandelt, Misshandlung angedroht oder getötet habe. Die Gewalttaten reichten vom Erschießen des Familienhundes bis zum Anzünden der Katze der Kinder. Weitere Informationen zu interpersoneller Gewalt Tierquaelerei: interpersonelle Gewalt.

Bis vor einigen Jahren sammelte Pet-abuse.com, die Medienberichte über Fälle von Tierquälerei und deren Geschlechterunterschiede. Eine Analyse der 15000 Fälle in der Datenbank der Website ergab, dass in 70 % der Fälle Männer die Täter sind — doch das Verhältnis ist irreführend. Der Geschlechterunterschied ist nicht besonders groß, wenn es um die Vernachlässigung von Tieren geht! Diese beruht in der Regel auf Apathie, einem eingeschränkten Urteilsvermögen oder schlicht Dummheit und nicht auf böswilliger Gewalt. Wenn man diese Fälle nicht mitzählt, sind bei fast allen extremen Fällen von Tierquälerei Männer die Täter: Schlagen, Verbrennen, (er) würgen, zu Tode trampeln, erschiessen und erstechen.

Angeboren oder anerzogen?

Nach der Recherche etlicher Fachliteraturen und anderer Quellen zum Thema, kann man zu zwei Schlussfolgerungen kommen. Die erste lautet, dass Frauen im Allgemeinen mehr Zuneigung für Tiere empfinden als Männer. Die zweite ist, dass die stereotypen Vorstellungen über die Geschlechter zwar oft zutreffend sind, dennoch gibt es häufig eine falsche Vorstellung über das Ausmaß der Unterschiede. Männer und Frauen halten ungefähr zu gleichen Teilen Haustiere und auch wie Jungen und Mädchen mit Tieren spielen, ist fast die identisch. Etwas größer sind die Unterschiede bei allgemeinen, öffentlich diskutierten Themen wie Tierversuchen. Die Geschlechter haben eine große Schnittmenge und deutliche Unterschiede gibt es nur bei in den Extremen (Tierschutzaktivisten & Tierquäler).

Stellen Sie sich an dieser Stelle die Frage, ob Geschlechterunterschiede angeboren oder anerzogen sind? Die Annahme, das kompliziertes Verhalten wie die Mensch-Tier-Beziehung, entweder rein biologisch bedingt ist oder allein auf der Erziehung beruht, ist ein Beispiel für den Mythos der Monokausalität. Es gibt zahlreiche Faktoren, die einen Einfluss auf das Mensch-Tier Verhältnis haben. Manche Sozialwissenschaftler vertreten die Ansicht, dass Frauen sich deshalb für Tierschutz einsetzen, weil sie ebenso wie Tiere Opfer männlicher Ausbeutung werden und sich deshalb stärker mit diesen identifizieren. Andere führen die Unterschiede auf die Sozialisation zurück. Brian Luke vertritt die Ansicht, dass unsere Kultur insbesondere bei Jungen, die Gleichgültigkeit gegenüber Tierleid fördert. Manche Unterschiede haben ihren Ursprung sicherlich in der Sozialisation, aber auch der Biologie fällt eine Rolle zu. Die Jagd ist z. B. in fast allen Kulturen als männliche Aktivität definiert. 

Entwicklungspsychologen fanden heraus, dass einige Geschlechtsunterschiede derart früh auftreten, dass sie kaum das Ergebnis von Sozialisation sein können. Bereits im Alter von drei Monaten sind Jungen besser im räumlichen Vorstellungsvermögen als Mädchen. Mehrere Studien haben gezeigt, dass männliche und weibliche Affen bei Spielzeug dieselben Präferenzen haben wie Menschenkinder. Männliche Affen fühlen sich zu »Männerspielzeug« (z. B. LKW) hingezogen — weibliche Affen spielen lieber mit weichen, knuddeligen Gegenständen. Selbst was das Reaktionsvermögen gegenüber Tieren anbelangt gibt es im Kleinkindalter schon Unterschiede. Weibliche Babys lernen schneller, sich vor Spinnen und Schlangen zu fürchten als männliche.

Machen Oxytocin & Testosteron Haustierhalter glücklicher? 

Darüber hinaus haben chemische körpereigene Prozesse Einfluss auf unsere Interaktion mit anderen Arten. Viele Hormone wirken sich auf das Einfühlungsvermögen aus. Eines von ihnen ist Oxytocin, dass Mutterinstinkte aktiviert und soziale Bindungen fördert. Beim Menschen steigt der Oxytocinspiegel während der Schwangerschaft und erreicht Höhepunkte bei der Geburt, beim Stillen und Orgasmus. Ebenso ist dieses Hormon für Geschlechterunterschiede beim Einfühlungsvermögen verantwortlich. Männer können schlechter als Frauen Emotionen am Gesichtsausdruck ablesen — eine kleine Menge Oxytocin verbessert kurzfristig ihre emotionale Intelligenz.

Haustierhalter sind glücklicher? Nun, das ist nur die halbe Wahrheit. Forscher stellten zwar fest, dass der Oxytocinspiegel der Versuchspersonen stieg, wenn sie mit Hunden interagierten — allerdings stieg er fast genauso stark, wenn die Probanden nur still dasaßen und ein Buch lasen. Neuere Experimente über die Rolle von Oxytocin in unseren Mensch-Tier-Beziehungen ergaben gemischte Ergebnisse. In einer Studie stieg der Oxytocinspiegel bei Frauen, die einen Hund streichelten — bei Männern sank er hingegen. Eine Forschungsgruppe stellte ein weiteres pikantes Detail fest — der Oxytocinspiegel von Hundehaltern, stieg nur dann beim Spielen an, wenn sie ihren Hund dabei anschauten. Ein Forschungsteam an der University of Missouri kam sogar zu dem Ergebnis, dass die Interaktion mit einem Haustier keinerlei Auswirkung auf den Oxytocinspiegel des Halters hat. Oxytocin kann einen Einfluss auf die Bindung haben, dennoch muss noch viel mehr dsbzgl. geforscht werden, um herauszufinden, welche Rolle es spielt.

Testosteron wirkt sich eindeutig negativ auf das Einfühlungsvermögen aus — Männer und Frauen werden umso aggressiver und weniger empathisch, je mehr sie davon im Blut haben. Dementsprechend hat das Hormon Einfluss darauf, wie Menschen mit Tieren umgehen. A. Jones und R. Josephs von der University of Texas stellten fest, dass Männer ihre Hunde nach der Teilnahme an einem Agility-Wettbewerb unterschiedlich behandelten — je nachdem, wie viel Testosteron sie in ihrem Speichel hatten. Männer mit einem hohen Testosteronspiegel bestraften ihren Hund, wenn er nicht gut abgeschnitten hatte oder schlugen ihn. Männer mit einem niedrigen Testosteronspiegel waren dagegen äußerst liebevoll zu ihrem Tier, gleichgültig wie erfolgreich es auf dem Hindernisparcours war.

 

Darstellung der Geschlechtsunterschiede mittels Glockenkurve 

Letztlich sind also die Geschlechtsunterschiede in unserer Beziehung zu anderen Arten das Ergebnis von Politik, Kultur, Wirtschaft, Evolution und biochemischen Faktoren. Mit einer Glockenkurve lassen sich viele psychologische und biologische Phänomene darstellen. Egal ob es um menschliche Extroversion oder die Größe von Katzenohren handelt — die meisten Fälle liegen nahe dem Durchschnittswert der analysierten Gruppe und ihre Zahl nimmt allmählich ab, wenn man sich den Extremen nähert. Ergebnisse von Intelligenztests z. B. lassen sich gut mit einer Glockenkurve darstellen. Der durchschnittliche Intelligenzquotient in den USA liegt bei 100. 50 % haben einen IQ von mehr als 100, 2 % erzielen mehr als 130 und 0,1 % erzielt mehr als 145.

Die Anwendung von Glockenkurven wird manchmal zu Unrecht als rassistisch diskriminiert. Grund ist, dass der Psychologe R. Herrnstein und der Politologe C. Murray, die Normalverteilung benutzen, um ihre Ansicht zu untermauern, dass zwischen den Ethnien erbliche Intelligenzunterschiede bestünden. Glockenkurven sind jedoch nur Formen — sie sagen nichts darüber aus, ob Unterschiede zwischen zwei Gruppen auf Genen, Umwelteinflüssen oder auf beidem beruhen. Mit Glockenkurven lassen sich zwar die letzten Gründe für die Geschlechtsunterschiede nicht erklären, dennoch sie sind ein nützliches Instrument, um zu verstehen, warum die meisten Tierschutzaktivisten Frauen und die meisten Tierquäler Männer sind. 

Interessant wird es, wenn sich zwei Glockenkurven überlappen — dann führt ein kleiner Unterschied bei den Durchschnittswerten zu großen Unterschieden in den Extremen. In den USA ist der durchschnittliche Mann 8 % größer als die Frau. Das erscheint nicht viel, allerdings wird der relative Unterschied zwischen den Geschlechtern immer größer je mehr man sich den höchsten und den niedrigsten Werten nähert [Körpergröße => 1,78 m (1 Frau : 30 Männer), => 1,83 m (1 Frau : 2000 Männer]. Das statistische Prinzip, dass solche kleinen Differenzen bei den Extremen zu großen Unterschieden führen, erklärt auch die Geschlechterunterschiede bzgl. menschlichen Verhaltens. Amerikanische Frauen versterben 10x häufiger an Magersucht als Männer —, weil die durchschnittliche US-Amerikanerin etwas mehr Wert auf das Aussehen ihres Körpers legt als ihr männliches Pendant.

Spannen wir nun den Bogen zu Gewalttaten und den signifikanten Unterschieden bei Morden. Diese sind Folge eines realen, aber geringen Unterschieds bei den aggressiven Tendenzen. Theoretisch funktionieren Mensch-Tier Beziehungen hinsichtlich Geschlechtsunterschieden wie folgt. Annahme ist, dass sich die Amerikaner hinsichtlich der psychischen Eigenschaft von »Tierliebe« unterscheiden und dass die Verteilung dieser Eigenschaft glockenförmig ist: Ein Großteil befindet sich zentral, ein kleiner Teil zeichnet sich durch eine Vergötterung und ein anderer durch Tierhass aus. Nehmen wir weiter an, dass die durchschnittliche Frau einen etwas höheren Wert bzgl. Tierliebe hat als der durchschnittliche Mann, aber dass die Überschneidung zwischen den Geschlechtern sehr groß ist. Wenn der Ansatz der Glockenkurve richtig ist, dann müssten die Unterschiede zwischen den Geschlechtern immer größer sein, je mehr wir uns der extremen Tierliebe und dem Tierhass nähern — genau das entspricht den realen wissenschaftlichen Ergebnissen.

Unter den extremen Tier»freunden« (pathologische Horter — ein späteres Thema) beträgt das Verhältnis von Frauen zu Männern 10:1. Bei den extremen Tierhassern (sadistische Tierquäler) ist das Verhältnis zwischen Männern und Frauen noch eindeutiger. Auf der tierlieben Seite spenden Frauen 4x mehr Geld als Männer für die ASPCA, boykottieren Zirkusse und demonstrieren für Tierschutzmaßnahmen. Auf der Tierhasser-Seite haben sehr viel mehr Männer Spaß daran, Tiere als »Sport« zu erschießen. Mit der Glockenkurve lässt sich eine große Bandbreite der Geschlechterunterschiede in der Mensch-Tier Interaktion abbilden. Dieser Ansatz funktioniert unabhängig davon, ob die Evolution oder die Kultur verantwortlich ist. 

Täter-Demografie 

Im Folgenden werden die Ergebnisse einer BAU-Studie vorgestellt, die 259 aktive Fälle von Tierquälerei mit 495 tierische Opfern umfasst. Darunter sind zahlreiche Arten vertreten — Hunde waren die häufigsten und Katzen die Opfer extremster Gewaltformen. Die Studie steht im Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Mörder einer jungen Frau. Der Täter ertränkte in seiner Nachbarschaft verwilderte Katzen, weidete diese aus und prahlte damit. Die psychologische Analyse ergab allerdings, dass dieser Vorfall für die Beurteilung in Bezug auf den Mord nicht von Relevanz war. Obwohl es spezifische Definitionen für Tierquälerei gibt, haben einige Menschen ihr eigenes Maß dafür und welche Tiere unseren Schutz rechtfertigen. Einige Handlungen, die verübt werden, sei es für die medizinische Forschung, die Jagd oder für die Nahrungszubereitung, sind bigotterweise nicht illegal oder gelten als Tierquälerei. Weitere Informationen zur BAU-Studie Tierquaelerei: Definition, Arten und Motive.

Waffen

42,5 % der Gewalttäter benutzten Waffen — 30,7 %  Schusswaffen, 9,1 % Messer/andere scharfe Gegenstände und 2,4 % stumpfe Gegenstände.

Geschlecht & Alter

97,3 % männlich — 2,7 % weiblich [total 259] | Durchschnittsalter 34 Jahre — das Alter reichte von 17 bis 82 Jahren 

Bildungsniveau

Von einer Stichprobe hatten 36 % einen Highschool-Abschluss, 12 % einen College-Abschluss, 16 % besuchten zeitweise ein College und 16 % keinen Highschool-Abschluss.

Familienstand

24,1 % waren verheiratet und 75,9 % unverheiratet 

Haushalt

Bekannt bei 139 von 259 Tätern, wohnten 96,5 % zum Zeitpunkt der Tierquälerei mit jemanden zusammen. Von den Tätern, die bei jemandem wohnten, lebten 59 % mit einem Partner/Ehepartner, 24 % bei Kindern, 21 % bei Mitbewohnern/Freunden und 18 % bei einer anderen Familie.

Beschäftigungsstatus

Zum Zeitpunkt der Taten bekannt für 114 der 259 Täter und beinhaltet Personen die aktiv arbeiteten und Gehalt bezogen. 67,5 % waren beschäftigt, 30,7 % arbeitslos und 20 % der arbeitslosen Täter Studenten. 41 affektive Tätern mit bekanntem Beschäftigungsstatus, davon 63,4 % erwerbstätig und 36,6 % arbeitslos. 66 räuberische Täter, davon 71,2 % erwerbstätig und 25,8 % arbeitslos. Von den bekannten Daten umfassten die drei häufigsten Beschäftigungsarten: Handwerk/Bau 31 %, Gastgewerbe/Restaurant 10 % und Geschäfte 5 %.

Handlungen (Anteil, affektiv, räuberisch)

Viele Opfer erlitten multiple Verletzungsarten, weshalb diese in mehreren Kategorien enthalten sind. In einer geringen Anzahl kommen auch Vernachlässigung und sexueller Missbrauch zum Tragen. 

  • Schlagen 101 40 % — 41 29,3 % — 52 19,5 %

  • Erschießen 56 22 % — 9 6,4 % — 44 16,5 %

  • Werfen 40 16 % — 21 15 % — 16 6,0 %

  • Erstechen 38 15 % — 7 5 % — 28 10,5 %

  • Erdrosseln/Erwürgen 36 14,1 % — 17 12,1 % — 17 6,4 %

  • Verstümmeln 31 12 % — 6 4 % — 23 8,6 %

  • Foltern 29 11 % — 5 3,6 % — 22 8,3 %

  • Treten 27 11 % — 17 12,1 % — 9 3,4 %

  • Verbrennen 25 10 % — 5 3,6 % — 18 6,8 %

  • Sonstiges 17 7 % — 5 3,6 % — 12 4,5 %

  • Vernachlässigen 13 5 % — 2 1,4 % — 11 4,2 %

  • Ersticken 8 3 % — 2 1,4 % — 6 2,3 %

  • Vergiften 6 2 % — 2 1,4 % — 4 1,5 %

  • Ertrinken 3 1 % — 1 1 % — 2 0,8 %

  • Mißbrauchen (sexuell) 2 0,8 % — 0 0 % — 2 0,8 %

Vergleich affektive & räuberische Täter

Erhöhter Prozentsatz affektive Täter: schlagen 29,3 % vs. 19,5 %, treten 12,1 % vs. 3,4 %, werfen 15 % vs. 6 %, erwürgen/würgen 12,1 % vs. 6,4 %. Erhöhter Prozentsatz räuberische Täter: erschießen 16,5 % vs. 6,4 %, erstechen 10,5 % vs. 5 %, verstümmeln 8,6 % vs. 4 %, Folter 8,3 % vs. 3,6 %, verbrennen 6,8 % vs. 3,6 %. Die häufigste Tierquälerei bei beiden Gruppen war das Schlagen mit/ohne Instrumenten. Eine Studie von Arluke et al. gab 32,1 % Schläge, 26,5 % Schusswaffen und 10,8 % Messer an. Affektive Täter handeln emotional reaktiv, zeitlich begrenzt mit intensiver autonomer Erregung. Räuberische Täter zeigen deutlich mehr geplante/zielgerichtete Gewalt ohne zeitlich begrenzte Abfolge und mehr rationales/kognitives Denken als emotionalen Handeln.

Einsatz von Instrumenten und/oder Körper

In 254 der Fälle wurde Instrumente eingesetzt — 52,8 % inkl. scharfer/stumpfer Gewalt wie Schusswaffen, Gift, Wasser und Drogen und 29,1 % benutzten Hände und Füße. 18,1 % benutzten beide Varianten. In einigen Fällen trug ein Hindernis, wie z. B. eine Wand zu den Verletzungen bei. Am häufigsten, in 41,9 % der Fälle, benutzten Kriminelle scharfe Gewaltinstrumente, gefolgt von 30,2 % Schusswaffen inkl. Compoundbogen, 24 % Würgemittel und 22,9 % stumpfe Gewaltinstrumente. Affekttäter nutzten zu 55,8 % direkt ihren Körper, Raubtäter zu 14 %. Räuberische Täter missbrauchten zu 66,7 % Instrumente, affektive Täter zu 26,7 %. 17,4 % der affektiven Täter und 19,3 % benutzen sowohl persönliche Waffen als auch Instrumente. Häufigste Instrumente bei affektiven Tätern: 34,2 % stumpfe Gewalt, 28,9 % scharfe Gewalt, 21,1 % Schusswaffen inkl. Compoundbogen sowie zu 18,4 % Würgemittel. Mehrzahl der Instrumente bei räuberischen Tätern: 44,5 % scharfe Gewalt, 34,4 % Schusswaffen inkl. Compoundbogen, 28,9 % Brandmitteln, 25,8 % Würgemittel sowie in 20,3 % stumpfe Gewalt.

BAU-Studie des FBI & Studie des Bureau of Justice — Feststellungen & Beobachtungen 

Die BAU-Studie konzentrierte sich auf 259 Tierquäler, die aktive Gewalt und Aggression gegen 495 Tieropfer ausgeübt haben. Das Durchschnittsalter lag bei 34 Jahren und reichte von 17 bis 82 Jahren. In der Studie des Bureau of Justice (familiäre Gewalt) lag das Alter zwischen 9 und 83 Jahren, bei einem Durchschnittsalter von 30 Jahren und das Durchschnittsalter von Strafgefangenen bei 34 Jahren. Von den Strafgefangenen, die familiäre Gewalt verübt hatten, hatten 50,1 % ein Durchschnittsalter von min. 35 Jahren — 57 % misshandelten und 36,2 % beleidigten ihren Freund(in). 

Bei Tätern, die Kinder hatten oder mit solchen zusammen wohnten wurden die Kinder oft Zeuge der Taten und selbst zu Opfern, was wiederum eher zur Verhaftung des Täters führte. Dies stützt etliche Fachliteraturen, die einen Zusammenhang zwischen Tierquälerei und Kindesmissbrauch bei Tätern mit Kindern angeben. Murrell, Christoff und Henning stellten einen weiteren Sachverhalt fest: Die Wahrscheinlichkeit, dass Personen die als Kinder Gewalt ausgesetzt waren, später selbst gewalttätig werden steigt deutlich — dazu gehört auch ein späterer »Erziehungstil«. Murrell et al. stellten bei Jungen, die Opfer häuslicher Gewalt und/oder Missbrauchs wurden, im späteren Leben die Neigung zu schwerer Gewalt fest.

61,2 % der Täter, bei denen der elterliche Status bekannt war, hatte Kinder. Angesichts dieser Ergebnisse sind Personen, die mit einem Tierquäler zusammenleben und/oder ihm nahe stehen, einem erhöhten Risiko von Gewalt und/oder Aggression ausgesetzt. Nach Loeber und Mitarbeiter tritt Aggression bei Jungen durchschnittlich früher auf als bei Mädchen und verläuft häufig stabil. Jungen zeigen nach Petermann und Mitarbeiter eher direkte, schwer aggressive und delinquente Verhaltensweisen, während Mädchen verstärkt indirekte Formen der Aggression wählen (z. B. soziale Manipulation, verbale Attacken).

Opfer-Demografie 

Die Opferauswahl hängt von etlichen Faktoren wie z. B. den Merkmalen und der Dynamik des von Täters & Opfer, der Bereitschaft des Täters gefasst zu werden und/oder ob der Täter zu impulsiver oder reaktiver Gewalt neigt. Eine von vielen Gemeinsamkeiten von Haustieren und Kindern? Beide Gruppen sind oft bzgl. Nahrung, Unterkunft, Sicherheit und Zuneigung von ihrer Bezugsperson abhängig. Die Aufsichtsperson hat meist die vollständige physische und psychische Kontrolle über das Opfer und umfasst auch die Entwicklung sowie Aufrechterhaltung der Kooperationsbereitschaft. Das Kind oder Haustier können sich, basierend auf vorherigen Erfahrungen, ängstlich gefügig zeigen. Der Täter ist sich vielleicht sicher, dass sein Opfer einen Missbrauch nicht öffentlich machen kann — z. B. nonverbalen Babys oder Tieren und somit nicht erwischt wird. Darüber hinaus sind die Opfer oft körperlich unterlegen und weniger geneigt, sich gegen den Täter zu wehren. Ebenso spielt die Abhängigkeit vom Lebensunterhalt (Unterkunft, Nahrung, med. Versorgung etc.) eine Rolle.

Variationen in unseren Mensch-Tier-Beziehungen und Bindungen können unsere Einstellung zur Tierquälerei beeinflussen. Einige Personen setzen die Grausamkeiten an Tieren, mit dem Missbrauch eines menschlichen Kindes gleich — beide sind in der Regel kleiner, verletzlicher und zeigen sich Menschen gegenüber die größer und/oder dominierendes/aggressives Verhalten zeigen unterwürfig. Forschungen bzgl. Kindesmissbrauch untersuchen auch die Dynamiken zwischen Kindern und Eltern. Variablen wie Entwicklungsprobleme oder WC-Training können bei Eltern mit geringer Frustrationstoleranz eine affektiv aggressive Reaktion. In ähnlicher Weise kann einem Haustier, das zur Stubenreinheit trainiert wird, ein Malheur passieren und ähnliche Frustration und/oder impulsive Reaktionen auslösen, die zu Tierquälerei führen. Fast 50 % der tierischen Opfer in der BAU-Studie war unter 1 Jahr alt, die übrigen Opfer waren Erwachsene. Angesichts der Tatsache, dass viele domestizierte Tiere innerhalb eines Jahres ihr volles Wachstum erreicht haben, ist die junge Gruppe evtl. überrepräsentiert. Das deutet darauf hin, dass Probleme im Zusammenhang mit Training und Disziplin wie Stubenreinheit, Zahnen oder anderes normale Entwicklungsverhalten die affektiv gewalttätige Reaktionen des Täters beeinflusst haben könnten.

Tierart & Alter

Ein besonders hohes Risiko, Opfer von Tierquälerei zu werden, haben Wirbeltiere. Weitere Informationen s. Tierquaelerei: Kinder, Nachbarn und Serienmoerder Einleitung. Ascione:» ... die Tiere, die Opfer von Tiermissbrauch werden, sind am häufigsten Wirbeltiere, da es sich hier um diejenige Tierklasse handelt, der man die größten Fähigkeiten zuschreibt, Schmerzen und Leiden zu erfahren und zu zeigen.« Bei den Opfern handelt es sich vor allem um Hunde, Katzen und sonstige Kleintiere sowie wilde Säugetiere. Die Aufteilung der Gesamtopfer (495) schwankt je nach Täter 1 (79,8 %) bis 24 (1.2 %). Bei den 69,4 % der Opfer mit bekanntem Alter reichte die Bandbreite vom Baby über Jugendliche (< 1 Jahr) bis hin zum Senioren. 46 % der Tiere waren jünger als ein Jahr, 45 % waren Erwachsene und 8,7 % Senioren.

  • 64 % Prozent Hunde — 26,5 % Pitbulls (Mischung), 26,5 % sonstige (Rhodesian Ridgeback Mix, Welsh Corgi, Border Collie/Husky Mix, Scottish Terrier, Boxer, australischer Treibhund, Bulldogge etc.), 12,1 % Retriever, 11,4 % Bichon Frisé, Chihuahuas, Malteser, Zwergspitz, Pudel, Yorkshire Terrier bzw. andere Kleinrassen, 7,6 % Spaniels, 5,3 % Deutsche Schäferhunde, 4,5 % nicht näher spezifizierte Mischrassen.

  • 24 % Katzen

     

  • 4,3 % Vögel

  • 2,7 % Kühe

  • 2,3 % Kaninchen

  • 2,3 % sonstige wie Schildkröte, Eichhörnchen, Frettchen, Alligator, Opossum, Murmeltier

     

  • 1,2 % Ziegen

     

  • 1,2 % Pferde

     

  • 0,04 % Fische

     

Todesursache (Anteil, affektiv, räuberisch)

Die Todesursache war in 119 Fällen bekannt und waren zu 20,2 % auf Schussverletzungen und 15,6 % auf stumpfe Gewalteinwirkung, Blutleere und »Euthanasie« zurückzuführen. Häufigste Todesursache durch affektive Täter war in 26 % stumpfes Trauma sowie 13 % verbluten und ersticken. Häufigste Todesursache durch räuberische Täter war zu 25,7 % Schussverletzung, 18,9 % »Euthanasie« gem. eigener Ansicht und 16,2 % verbluten.

  • Schusswunde(n) 22 20,2 % — 3 10,0 % — 19 25,7 %

  • Trauma durch stumpfe Gewalt 17 15,6 % — 8 26,0 % — 8 10,8 %

  • Blutverlust und/oder innere Blutungen 17 15,6 % — 4 13,0 % — 12 16,2 %

  • »Euthanasiert« 17 15,6 % — 3 10,0 % — 14 18,9 %

  • Mehrfachverletzungen 8 7,3 % — 2 7,0 % — 5 6,8 %

  • Erstickung 7 6,4 % — 4 13,0 % — 2 2,7 %

  • Verbrennung 5 4,6 % — 0 0,0 % — 5 6,8 %

  • Enthauptung 3 2,8 % — 1 3,0 % — 2 2,7 %

  • Sonstiges 3 2,8 % — 3 1,0 % — 2 2,7 %

  • Kopf abgerissen 2 1,8 % — 1 3,0 % — 1 1,4 %

  • Erstechen 2 1,8 % — 1 3,0 % — 1 1,4 %

  • Genickbruch 1 0,9 % — 1 0,9 % — 0 0,0 %

  • Erhängen 1 1.0 % — 0 0.0 % — 1 1.4 %

  • Ertrinken 1 1,0 % — 1 3,0 % — 0 0,0 %

  • Hunger/Durst/Erfrierung 1 1,0 % — 0 0,0 % — 1 1,4 %

  • Vergiftung 1 1,0 % — 0 0,0 % — 1 1,4 %

Ort der Leichenentsorgung

In den 113 von 160 bekannten Fällen, in denen die Tierquälerei tödlich endete, stand der Verbringungsort fest. Aufgrund der Möglichkeit, die Leichen an mehreren Orten zu entsorgen, inkl. Variablen bei diesen Mehrfachantworten. Es wurden dreizehn Kategorien verwendet, um den Ort der Entsorgung einzuteilen. Ein Großteil wurde draußen entsorgt, davon 51 aus Verschleierungstaktik in Müll/Container/Müllcontainer oder vergraben. 27 innerhalb des Eigentums des Täters inkl. Wohnung entsorgt, (davon)? 20 in einem Müllcontainer/Mülltonne. Je nach affektiven bzw. räuberischen Tätern wurden folgende Präferenzen festgestellt. Tierkörperentsorgungsstelle: Räuberische 106 vs. affektive Täter 40. Von den 106 Tieropfern 46 im Freien entsorgt, 12 in einem Container und 12 im Müll/Müllcontainer. Bei den 46 waren die Orte über die Kategorien hinweg diffuser — 10 im Freien und 8 im Müll/Müllcontainer entsorgt. Vergraben: räuberische 7,3 % vs. affektive Täter 1,6 %.

  • Irgendwo außerhalb 64

  • Innerhalb des Wohnsitzes bzw. in der Nähe des Täters 27

  • Müll/Müllcontainer 20

  • Auf dem Eigentum anderer Person in näherem Umfeld, die keine bekannte Beziehung zum Täter hat 14

  • Behältnis (Trockner, Ofen, Säcke usw.) 17

  • Im eigenen Hinterhof begraben 14

  • Irgendwo innerhalb 14

  • Mehrere Standorte 8

Ergebnisse der BAU-Studie

Anzahl Täter & Opfer

Die Stichprobe umfasste 259 aktive Tierquäler, die in 259 Fällen für insgesamt 495 Tieropfer verantwortlich ist. 59 % sind räuberische und 33,5 % affektive Täter. In 19 Fällen konnte der primäre Antrieb nicht ermittelt werden, da es eine gleiche Anzahl von Variablen gab, die für affektive und prädatorische Täter sprachen oder aber die Informationen unzureichend waren.

Täter-Opfer Beziehung 

Ein Großteil der Beziehungen, 245 Fälle, war bekannt. 63,3 % standen in einer pers. Verbindung vs. 36,7 % ohne eine solche. Bei den pers. Kontakten waren 30,6 % in Täterbesitz, 18,4 % im Besitz von (früheren) Intimpartnern und 11,8 % gehörten dem Nachbarn. 86 % der affektiven Täter hatten eine Beziehung zum Tier — 14 % keine. Nur 48 % der räuberischen Täter hatten eine Beziehung — entsprechend 52 % keine.

Die Literatur über Bindung und Einfühlungsvermögen legt Wert auf die Beziehung zwischen zwei Individuen, z. B. zwischen Mutter und Kind und später als Erwachsene zwischen Intimpartnern. Das Konzept von Singers, die Kreise der Empathie zu erweitern, deutet darauf hin, dass wir größere Empathie für diejenigen erfahren, die uns am nächsten stehen oder die wir in unseren "inneren Kreis" aufnehmen. Untersuchungen haben gezeigt, dass Tiere, die uns ähnlich sehen, eine größere empathische Reaktion hervorrufen. Häufig werden Hunde, Affen und Menschenaffen in diese Kategorie eingestuft. Es wurde festgestellt, dass Hunde ähnliche Gesichtszüge wie Säuglinge haben. Darüber hinaus können ihr Verhalten und ihre Beziehung zu uns den Grad unserer Empathie für das Tier bestimmen. Die BAU-Studie ergab, dass in der Gesamtstichprobe in 63,3 % der Fälle eine Beziehung zwischen dem Täter und dem tierischen Opfer bestand. Das/die tierische(n) Opfer gehörte(n) dem Täter oder dem aktuellen oder früheren intimen Partner. Interessanterweise bestand bei 86 % der affektiven Tätergruppe eine Beziehung zwischen dem Täter und dem tierischen Opfer, während 48 % der räuberischen Gruppe von Tätern eine Beziehung zum Opfer hatten. Obwohl wir in dieser Studie das Bindungsniveau von Tätern nicht gemessen haben, gehen wir davon aus, dass enge Beziehungen einen besseren Zugang ermöglichen und das aggressive und gewalttätige Verhalten eines Täters aufgrund seiner/ihrer unsicheren Bindungsreaktionen wie Angst vor Verlassenwerden, erhöhter Angst, Festhalten und Eifersucht auslösen können.

Zahl der getöteten Opfer

Von den 259 Fällen war der Status des Tieres in 240 Fällen bekannt. 67 % führten zum Tod und 33,3 % konnten (schwer) verletzt geborgen werden. Bei Affekttätern endeten 60,8 % und den räuberischen Tätern 71,2 % tödlich.

Zeitliche Abfolge Tierquälerei & interpersonelle Gewalt

Um der Abstufungshypothese (s. Tierquaelerei: Theorien und Hypothesen) nachzugehen, dernach Täter zunächst Gewalt gegen Tiere begehen und erst später zu Gewalt gegen Mitmenschen fortentwickeln, untersuchte die Studie die zeitlichen Abfolgen. In 21,2 % erfolgten  Tiermisshandlungen vor interpersoneller Gewalt — in 76,3 % erfolgten diese nach interpersonellen Angriffen. Affektive und räuberischen Täter erzielten ähnliche Ergebnisse bei interpersoneller Gewalt. Tiermisshandlung vor IPV: 23,1 % affektiv vs. 19,1 % räuberisch. Interpersonelle Gewalt vor der Tiemisshandlung: 73,1 % affektiv vs. 78,6 % räuberisch.

Rechtlicher Ausgang: Anklagen wegen Schwerverbrechen und/oder Vergehen — Anteil > affektiv > räuberisch

  • Kapitalverbrechen 101 59,0 % — 27 52,9 % — 68 64,2 %

  • Ordnungswidrigkeit 70 40,9 % — 24 47,1 % — 42 39,6 %

Verhaftungen wegen Tierquälerei nach Art der Anklage und Gewalttypologie

  • Tierquälerei/Misshandlung 221 91,0 % — 77 92,8 % — 131 90,3 %

  • Vernachlässigung von Tieren 6 2,5 % — 0 0,0 % — 6 4,1 %

  • Tierquälerei 11 4.5 % — 4 4.8 % — 6 4.1 %

  • Sonstige 73 29,9 % — 31 37,3 % — 39 26,9 %

Zeitlicher Charakter von AC-Vergehen nach Art der affektiven/prädatorischen Gewalt

  • Tierquälerei > interpersonelle Gewalt 25 21,2 % — 12 23,1 % — 11 19,6 %

  • interpersonelle Gewalt > Tierquälerei 90 76,3 % — 38 73,1 % — 44 78,6 %

  • Ursprünglich bekanntes Vergehen inkl. Tierquälerei & interpersonelle Gewalt 2 1,7 % — 1 1,9 % — 1 1,8 %

  • Ursprüngliches bekanntes Vergehen nur Tierquälerei 1 1,8 % — 1 1,9 % — 0 0,0 %

  • Unbekannt 52 N/A — 13 N/A — 33 N/A

  • Trifft nicht zu 89 N/A — 22 N/A — 64 N/A

Tierquälerei bei Kindern & Jugendlichen

Datenerfassung — Methoden & Probleme

Die Erhebung der Prävalenz gestaltet sich insbesondere bei Kindern & Jugendlichen schwierig, da Selbstberichte nur schwer auf ihre Richtigkeit überprüft werden können und Eltern oft nur unzureichend über verbotene/geheime Handlungen ihrer Kinder Bescheid wissen. Offord, Boyle und Racine befragten eine nicht-klinische Gruppe von 1232 Eltern/Betreuern sowie separat deren 12 bis 16 Jahre alten Schützlinge. Diese offenbarte was bereits an mehreren Stellen deutlich wurde — Tierquälerei und ihre Auswirkungen auf Gesellschaft und Tiere wird stark unterschätzt. Eltern und Betreuer unterschätzten die Tierquälerei der Kinder systematisch — bei Jungen um das 3,8 und bei Mädchen sogar um das 7,6-fache. 

Ähnliche Resultate ergaben sich übrigens für Vandalismus und Brandstiftung. »Man kann sehen, dass die Kinder selbst ein höheres Ausmaß an Gewalttätigkeit angaben als durch die Elternberichte zu erwarten war, und wie vermutet, fanden sich bei männlichen Befragten im allgemeinen häufiger Grausamkeiten als bei weiblichen ... «. Aufgrunddessen ist eine Vergleichsmöglichkeit der Eltern- und Kinderfragebögen notwendig, damit die Qualität der Aussagen besser beurteilt werden kann. Ein weiterer entscheidener Faktor ist die begrenzte Zahl an Testinstrumenten, die theoretisch fundiert und klinisch anwendbar sind. 

Zur Prävalenzerhebung bei psychiatrisch auffälligen Kindern und Jugendlichen eignet sich die Child Behavior Checklist, die von Achenbach & Edelbrock als Elternfragebogen entwickelt wurde und Tierquälerei abfragt. Allerdings gestaltet sich damit die Interpretation der Ergebnisse schwierig, denn in dieser wird keine Definition von Tierquälerei vorgegeben. Ascione geht davon aus, dass in detailliertieren Elternbefragungen als der CBCL, etwa die doppelte Anzahl kindlicher Tierquälern identifiziert werden könnte. Aus diesem Grund entwickelte er ein Fragebogensystem, genannt Children and Animals Assessment Instrument (CAAI), mit einem Kinder- /Jugend- sowie einem Elternfragebogen. Sein Fragebogen erhebt nicht nur beobachtete und selbst ausgeführte Tierquälerei, sondern auch die zugrundeliegenden Motive.

Daneben wurden einige strukturierte Interviews zur Exploration entwickelt, um Tierquälerei im Kontext mit häuslicher Gewalt zu eruieren: Diese Testinstrumente fragen nach angedrohter & erlebter Tierquälerei und sind für Frauen bzw. Kinder entworfen worden, die in Frauenhäusern Zuflucht finden. Fragebögen, die Aussagen von Lehreren zum Problemverhalten von Kindern untersuchen, enthalten leider nur selten einen Punkt bzgl. Tierquälerei. Aber gerade Lehrer werden darauf aufmerksam, indem sie Erzählungen der Kinder & Jugendlichen mitverfolgen oder entsprechende Andeutungen in Aufsätzen lesen. Diese Angaben könnten einen wichtigen Ansatz für weitere Nachforschungen darstellen.

In den meisten Testinstrumenten fehlt zudem die Berücksichtigung wichtiger Kriterien wie Häufigkeit, Schweregrad und Chronizität, die eine Gewichtung dieses devianten Verhaltens erlauben. Ausnahme ist das Interview for Antisocial Behavior (IAB) von Kazdin & Esveldt-Dawson. Diesem Fragebogen liegt in einem Kinder- und Elternfragebogen vor und untersucht 30 verschiedene Formen von antisozialem Verhalten, die weitgehend den Symptomen einer Verhaltensstörung entsprechen. Ein weiteres Defizit bei der Datenerhebung ist die fehlende Verlaufskontrolle, da die meisten Studien Querschnittsstudien sind, umso wichtiger sind Langzeitstudien die sie Entwicklung von verhaltensauffälligen und aggressiven Kindern und Jugendlichen im Kontext mit Tierquälerei dokumentieren.

 

 

Häufigkeit von Tierquälerei

Kendall-Tackett und Giacomoni: Psychiatrisch unauffällige Kinder und Jugendliche begehen zu 0 bis 13 % Tierquälerei — bei Jungen ist die Inzidenz allgemein höher. Übereinstimmende Ergebnisse liefert eine Auswertung des Achenbachs-Conners-Quay (ACQ), die der Child Behavior Checklist (CBCL) ähnlich ist. Sie umfasst die Berichte von 2600 verhaltensunauffälligen Kindern und Jugendlichen im Alter von 4 bis 16 Jahren — 0 bis 15 % begingen Tierquälerei. Auf die Datenlage bei psychiatrisch auffälligen Kindern/Jugendlichen wird bereits in den bisherigen Texten der Reihe eingegangen — es folgen weitere Details in den noch ausstehenden Teilen.

Altersverteilung der Täter

Der bestmögliche Zeitpunkt hinsichtlich Interventionsmöglichkeiten und therapeutischen Eingreifens ist entscheidend. Zwei Querschnittsstudien von Achenbach & Edelbrock sowie Achenbach, Howell, Quay & Conners ergaben übereinstimmend, dass die Prävalenz von Tierquälerei bei Vorschulkindern am höchsten ist und dann kontinuierlich bis zum Alter von 16 Jahren abfällt. Dieses Absinken kann einerseits den Entwicklungsprozess der Kinder widerspiegeln, das bei Tierquälerei phasisch auftritt oder andererseits bedeuten, dass sozial unerwünschte Verhaltensweisen bei dieser Gruppe zunehmend im Geheimen stattfindet und nicht über Elternfragebögen abzufragen ist. Für die Altersgruppe der 12- bis 18-Jährigen, die auch in der vorliegenden Studie einen Teil der Kontroll- und Patientengruppe bildet, wird vermutet, dass im Durchschnitt 2 % Prozent aller Mädchen und 6 % Prozent aller Jungen Grausamkeiten an Tieren begehen. Bedeutet für Deutschland unter Berücksichtigung der Geburtenzahlen von 2019 und gleicher prozentualer Verteilung: 24 000 männliche und 7 580 weibliche minderjährige Tierquäler.