Toxoplasmose: Diagnostik in der Schwangerschaft
Mutterschaftsrichtlinien, Screening & Empfehlungen
Warum die Vorsorge für eine angehende Mutter wichtig ist
Der Erreger Toxoplasma gondii und die durch ihn verursachte Toxoplasmose, kann mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,3 Promille, der Grund für eine vorgeburtliche Infektion sein. Viele der so infizierten Kinder sind zunächst symptomlos. Im späteren Verlauf kann es dann zu schweren Reaktionen, wie z. B. der Augentoxoplasmose kommen. Daher ist es im Vorfeld der Schwangerschaft wichtig, den eigenen Antikörperstatus zu kennen. Insbesondere Frauen mit vorheriger Risikoschwangerschaft, Kinderwunsch oder Sterilitätsbehandlung, sollten sich so früh wie möglich informieren.
Eine Infektion mit Toxoplasmen lässt sich bei immungesunden infizierten Patienten oftmals relativ einfach mit einem Nachweis von IgG- & IgM-Antikörpern belegen. In einem serologischen Verfahren, z. B. in einem Labor, werden die Antigen-Antikörper-Reaktionen getestet. Verfügt eine Schwangere über keine nachweisbaren Antikörper, so sind kontinuierliche Untersuchungen ratsam. Insbesondere für Risikogruppen, wie z. B. Immungeschwächte, sind weitergehende serologische und molekularbiologische Verlaufsuntersuchungen inkl. einer klinische Überwachung angebracht.
Bei einer Infektion spielt der Zeitpunkt des Übergangs auf das Kind eine große Rolle. Dieser wird medizinisch in drei Gruppen aufgeteilt:
vorgeburtliche diaplazentare Übertragung
Übertragung kurz vor der Geburt bis zur Geburt
Übertragung nach der Geburt
Mikrobiologische Erstuntersuchungen gem. Mutterschaftsrichtlinien
HIV-Antikörper (nur mit Einverständnis der Schwangeren)
Syphilis mittels Lues-Suchtest (TPHA)
Bestimmung der Rötelnimmunität
Chlamydienabstrich
Hepatitis B-Antigen Bestimmung nach der 32ten Schwangerschaftswoche
Test auf Toxoplasmose in Deutschland
Screening auf Toxoplasma-Antikörper nur als IGeL-Leistung
Wie bereits eingangs erwähnt, ist ein grundsätzlicher Test auf Toxoplasmaantikörper in der Schwangerschaft empfehlenswert. In Deutschland gehört dieser allerdings nicht zu den Mutterschaftsrichtlinien und wird dementsprechend nicht durch die Krankenkassen bezahlt. Damit stellt er eine sogenannte IGeL = individuelle Gesundheitsleistung dar. Nur bei Vorliegen eines begründeten Verdachts, werden die Kosten für eine serologische Untersuchung übernommen. Dabei sind Spätfolgen durch ein systematisches Testverfahren (Screening) aller Schwangeren vermeidbar.
Toxoplasma-Screening in Europa - große Unterschiede in den Empfehlungen
In den einzelnen europäischen Ländern sind die Ansichten über den Nutzen von Screeninguntersuchungen in den vergangenen Jahren auseinandergedriftet und werden entsprechend brisant diskutiert.
Durch die chemotherapeutische Behandlung, bei einer akuten Infektion von Mutter & Kind bzw. durch einen Abbruch von frühen Schwangerschaften, konnte die angeborene Toxoplasmose in den teilnehmenden Ländern so gut wie ausgeräumt werden. In Deutschland hat sich das Robert-Koch-Institut, für die serologischen Untersuchungen von Frauen mit Kinderwunsch ausgesprochen. Vorsorgeempfehlungen gelten hier bereits vor einer geplanten Schwangerschaft, spätestens in der Frühschwangerschaft. Auch die Arbeitsgruppe Toxoplasmose der Paul-Ehrlich-Gesellschaft rät weiterhin zu einem frühzeitigen Test in der Schwangerschaft.
Empfehlungen zum Screening
In einer Bestätigungsstudie mit 685 akut infizierten Müttern & ihren Kindern, konnte belegt werden, dass serologische Kontrolluntersuchungen (U4 & U5) unter gewissen Voraussetzungen ausreichend sind. Dazu gehört, dass das Neugeborene klinisch & labormedizinisch unauffällig ist und die Mutter während ihrer Schwangerschaft entsprechend behandelt wurde.
Info: Mit U1 bis U9 werden die Vorsorgeuntersuchungen für Kinder bis zum sechsten Lebensjahr bezeichnet.
Bis zur Auflösung der IgG-Leihantikörper der Mutter müssen deren Kinder kontrolliert werden. Oftmals ist das bereits im Alter von 6 Monaten der Fall (bei der U5). Nur bei vereinzelten Kindern muss nach weiteren 3-6 Monaten eine Abschlusskontrolle stattfinden. Sollten klinische oder labormedizinische Besonderheiten sichtbar werden, müssen die Kontrollintervalle auf 2-4 Wochen verkürzt werden.
Mütterliche Serologie
Die Bestimmung einer Erstinfektion während der Schwangerschaft ist nicht einfach. Abhängig von ethnischer Zugehörigkeit & Ernährungsgewohnheiten können knapp zwei Drittel aller Frauen im gebärfähigen Alter ohne nachweisbare Antikörper sein. Diese Gruppe von Frauen sollte sich im Falle einer Schwangerschaft fortlaufend auf typische nicht vorhandene Toxoplasmoseantikörper (IgG und IgM) untersuchen lassen. Keine Zeit mehr sollten Schwangere verlieren, sobald eine Lymphknotenschwellung oder grippale Symptome auftreten. In diesem Fall ist eine serologische Kontrolle dringend erforderlich.
Dabei ist eine Beschränkung allein auf IgG-Antikörper, zumindest zum Anfang einer Schwangerschaft, ohne Kenntnis des IgM-Status nicht ausreichend. Der Grund dafür ist, dass bei der Verwendung eines Suchtestes der auf IgG-Antikörper beschränkt ist, eine frühe Toxoplasmosemanifestation aus der Frühschwangerschaft übersehen werden kann. IgG-Antikörper bestehen als Beleg für die durchgemachte Infektion jahrelang, wobei der Infektionszeitpunkt wegen lebenslanger Anwesenheit der Parasiten ungewiss bleibt.
Immunglobuline (Igx) in der Übersicht
IgA: Immunglobulin A ist in seiner Funktion für die Immunabwehr im Magen-Darm-Trakt & den Schleimhäuten tätig.
IgD: Spielt bei der Entwicklung von B-Lymphozyten (Untergruppe der weißen Blutkörperchen) ein Rolle.
IgE: Für die Aktivierung von Mastzellen (eine zu den weißen Blutkörperchen gehörende Blutzelle) bei allergischen Reaktionen von Bedeutung.
IgG: Das zahlenmäßig bedeutendste Immunglobulin des Blutes und hat Bedeutung als zirkulierender Antikörper gegen Bakterien, Viren und Toxine. IgG hat die Fähigkeit die Plazentaschranke zu durchqueren und sorgt in den ersten Lebenswochen für die Immunität des Kindes durch Leihantikörper der Mutter.
IgM: Immunglobulin M tritt als erster Antikörper in Erscheinung. Er kann z. B. nach einer Infektion oder Impfung, noch vor den ImmunglobulinG-Antikörpern im Blut nachgewiesen werden. Es ist in etwas fünf Mal so groß wie ein IgG-Molekül und durchquert nicht die Plazenta.
Inaktive Infektion: Da IgM-Antikörper ebenfalls über Jahre bestehen können, haben viele positive IgM-Antikörperbefunde bei Schwangeren eine im Hintergrund vorhandene Infektion als Ursache. Während der Abklingphase werden für einige Monate noch niedrige IgM-Titer gefunden. In der Biologie & Medizin bezeichnet man ein Flüssigkeitsvolumen, das durch das in ihm gelöstem Stoff gerade noch eine Wirksamkeit entfaltet, als Titer. Durch Zusatzuntersuchungen kann die unsichere Erstserologie im Sinne einer frischen Toxoplasmainfektion bestätigt werden. Dazu gehören weitere IgM-Untersuchungen oder typische IgA-, IgE- oder IgG-Aviditätsbestimmungen. In der Medizin wird die Stärke einer Mehrfachbindung zwischen einem Antikörper und einem Antigen als Avidität bezeichnet. Bei Vorliegen einer erhöhten IgG-Avidität ist eine Erstinfektion bzw. kürzlich erworbene Infektion in der Regel ausgeschlossen.
Toxoplasma-IgM-Antikörper-Nachweise und die Avidität toxoplasmatypischer IgG-Antikörper werden zur Unterscheidung zwischen einer inaktiven und akuten Infektion eingesetzt. Weiterführende Hinweise zur Einschätzung von serologischen Ergebnissen, sowie Verzeichnisse von Beratungslaboren, hält das RKI bereit.
IgM-Antikörper positiv: Bedeutet nicht zwangsläufig, dass eine frische Infektion vorliegt.
IgG-Antikörper positiv: Spricht bei Risikopatienten, wie z. B. immungeschwächten Patienten, für eine reaktivierte Toxoplasmose.
IgG-Titeranstieg positiv: frische Infektion
Immunität: Liegen mindestens sechs Monate vor Eintritt einer Schwangerschaft toxoplasmosetypische Antikörper vor, sind keine weiteren Serumkontrollen notwendig. Die Schwangere verfügt dann bereits über eine schützende Immunität für ihr Kind. Sind hochavide IgG-Antikörper nachweisbar, dann liegt die Infektion mindestens drei Monate zurück.
Mutter-Kind-Serumpaar
Liegt ein Verdacht auf eine kürzlich erworbene schwangerschaftsrelevante Toxoplasmainfektion vor, werden gleichzeitig Serumproben von Mutter & Kind genommen. Diese als Mutter-Kind-Serumpaar bezeichneten Proben werden auf toxoplasmatypische IgM- und IgA-Antikörper getestet. Für den Test kommen hierbei die speziell für diesen Zweck entworfenen Immunotests oder ISAGA-Techniken zum Einsatz. Dank dieser Untersuchungsmethoden werden die IgG-Befunde von Mutter und Kind detaillierter befundet. Hierzu gehören IgG-EIA, Gesamt-IgG, Berechnung der typischen IgG-Beladung & vergleichendes Immunoblotprofil. Dadurch ist eine frühe Erkennung von Neoantikörpern möglich und somit die Identifizierung einer eigenen Immunantwort des Kindes.
Info: ISAGA=Immunosorbent-Agglutination-Assay
Serologische Diagnostik
Diagnostik & Diagnose bei einer vorgeburtlichen Toxoplasmainfektion
Die vorgeburtliche Infektion eines Neugeborenen gilt als sicher, sofern typische IgM- und/oder IgA-Antikörper im Serum des Kindes nachgewiesen werden. Zwei Proben reichen dabei für eine Bestätigung aus. Eine Erste erfolgt kurz nach der Geburt & die zweite Probe im Abstand von vier bis sechs Wochen. Sind die Antikörper nur direkt nach der Geburt vorhanden, liegt das wahrscheinlich an einer Kontamination mit dem Blut der Mutter. Als weitere Möglichkeit kommen die im Hintergrund vorhandenen oder Konzentrationserhöhungen von typischen IgG-Antikörpern im kindlichen Serum infrage. Die nach der Geburt im Kind gebildeten Antikörper (igG) gelten als Beweis für eine vorgeburtlich erworbene Toxoplasmose. Eine dritte Untersuchungsmethode der vorgeburtlichen Infektion ist der direkte Erregernachweis (z. B. durch PCR).
Als Material für die Untersuchung kommt Plazenta, Eihaut, Nabelschnur, kindliches EDTA-Blut oder Liquor (bei ZNS-Infektion) infrage. Für die vorgeburtliche Diagnostik stehen in erster Linie die PCR-Befunde aus dem Fruchtwasser und die Feindiagnostik (DEGUM II/III) mit Ultraschall zur Verfügung.
Info: PCR ist die Abkürzung für Polymerase-Kettenreaktion. Das ist ein enzymabhängiges Verfahren zur Vervielfältigung bestimmter Gensequenzen. DEGUM steht für die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin. EDTA-Blut ist Blut, das für die weitere Untersuchung in der Laboratoriumsmedizin mit Ethylendiamintetraazetat ungerinnbar gemacht wurde.
Ein positiver PCR-Befund ist zwar beweisend für eine vorgeburtliche Infektion, bleibt aber ein sehr seltenes Ereignis. Ein positives PCR-Resultat ist manchmal möglich, wenn
die Toxoplasmainfektion der Mutter mind. einige Wochen besteht, sodass eine Übertragung der Parasiten auf das Kind erfolgen konnte,
der Zeitpunkt der Fruchtwasseruntersuchung nicht vor der 16. Schwangerschaftswoche liegt,
noch keine Behandlung mit Sulfadiazin und Pyrimethamin stattgefunden hat.
(Invasive) vorgeburtliche Diagnostik
Es werden oftmals toxoplasmosetypische Ultraschallbefunde ohne eine vorherige mütterliche Infektionsanamnese beobachtet. Dieser Feststellung sollten sich weitere diagnostische Maßnahmen anschließen.
Als solche Maßnahme gilt eine gründliche serologische Diagnostik der Mutter inkl. einer Fruchtwasseruntersuchung. Ist die Infektion der Mutter zu vermuten bzw. ist diese gesichert, kann mittels DNA-Nachweis aus Fruchtwasser evtl. geklärt werden, ob eine Infektion des Kindes bereits stattgefunden hat. Dabei erschwert der Umstand, dass eine fetale Infektion nicht zwangsläufig eine Schädigung des Kindes bedeutet die Indikationsstellung für diese invasive Diagnostik. Ein weiterer unsicherer Faktor ist die Genauigkeit eines negativen PCR-Befundes (Fruchtwasser), der nur bei rund 64 % liegt. Aus den hier angeführten Gründen wird in zahlreichen Studien selbst bei einem unauffälligen Ergebnis, eine frühstmögliche Antibiotikatherapie der Mutter empfohlen. Eine vorgeburtliche Therapie, nach dem Auftreten von charakteristischen Antikörpern kann die Schwere der fetalen/kindlichen Spätfolgen deutlich verringern.
Zur serologischen Diagnose gehört heutzutage ein mehrstufiges Schema. Aus den jeweiligen Zusammensetzungen der Laborwerte können die folgenden Infektionsgrade unterschieden werden.
inaktiv
abklingend
kürzlich erworben
akut
IgG-Antikörper positiv & IgM-Antikörper negativ: Im Allgemeinen kann man in diesem Fall von einer inaktiven Toxoplasmainfektion der Schwangeren inkl. einem Immunschutz für das ungeborene Kind ausgehen.
IgG-Antikörper positiv & IgM-Antikörper im Blut positiv: Sofern keine Vorbefunde zur Verfügung stehen, muss man folgende Möglichkeiten unterscheiden:
Frische oder kürzlich erworbene Toxoplasmainfektion: Dann hat sie Bedeutung für die Schwangerschaft
Abklingende Infektion: Da die Infektion vor der momentanen Schwangerschaft stattgefunden hat, spielt sie keine Rolle.
Antikörper-Boosterung: Hierbei handelt es sich um eine schnelle & verstärkte Antikörper Bildung. Die Gründe dafür können das Auftreten von IgA-Antikörpern aufgrund eines erneuten Darmantigenkontakts oder einer klinisch unbedeutenden Reaktivierung sein. In diesem Fall ist es schwierig, Boosterung & abklingende Infektion zu unterscheiden.
Untypische IgM-Reaktion: Natürliche IgM-Antikörper gegen Toxoplasmaantigene, die gelegentlich auch beim Menschen ohne vorherigen Kontakt mit Toxoplasma gondii zu finden sind oder untypische IgM-Reaktionen. Das kann z. B. im Rahmen einer polyklonalen B-Zell-Stimulierung bei Epstein-Barr-Virus-, Zytomegalovirus-, oder Parvovirus-B19-Infektionen der Fall sein.
Info: In der Medizin steht das Wort polyklonal z. B. für Antikörper, die von unterschiedlichen B-Zelllinien produziert werden. Diese verfügen über andersartige Strukturen & können sich dadurch an unterschiedliche Molekülabschnitte eines Antigens binden.
Toxoplasmauntypische IgM-Antikörper sind kein Beweis für eine frische Infektion in der Schwangerschaft. Dementsprechend darf ein positiver IgM-Test bei der 1. Untersuchung der Schwangeren nicht ohne weitere Abklärung als Zeichen für eine frische und damit schwangerschaftsrelevante Infektion gewertet werden.
Toxoplasmosediagnostik bei Verdacht auf angeborene Infektion
Bei einem Fötus ab der 17. Schwangerschaftswoche kann ein Direktnachweis mittels PCR oder Tierversuch durch Fruchtwasser erfolgen.
Ab der 22ten Schwangerschaftswoche ist eine Diagnose mittels Ultraschall möglich.
Während der U1 ist eine Bestätigung durch IgG, IgM, IgA-Nachweise mittels ELISA*, ISAGA** und Immunoblot Mutter-Kind-Serum möglich. Ebenfalls kann während der U1 ein Direktnachweis durch die PCR mittels Liquor und Blut erfolgen. In der U1 kann auch ein Ultraschall des kindlichen Schädels & die Spiegelung des Augenhintergrundes Aufschluss geben.
Noch bis zur U6 ist die Feststellung von IgG im Serum möglich.
* enzymgebundener Immunosorbent-Test als direkter Erregernachweis mittels PCR im Fruchtwasser.
** Immunosorbent Agglutination Assay
Diagnostik & Diagnose bei einer Toxoplasmainfektion nach der Geburt
Als Reaktion auf die menschliche Immunabwehr verwandelt sich Toxoplasma gondii in die Bradyzoiten-Form und besteht dort lebenslang geschützt innerhalb von Zysten fort. Der Parasit bevorzugt dabei vor allem das Gehirn und die Muskulatur. Da die nachgeburtliche Toxoplasmainfektion bei Immungesunden oftmals ohne Symptome verläuft, ist diese Art der Ansteckung meistens nur schwer zu bestimmen. Nur in weniger als fünf Prozent aller Infektionen treten nach zwei bis drei Wochen vergleichsweise milde Allgemeinsymptome auf. Dazu gehören Lymphknotenschwellungen im Hals- & Nackenbereich mit charakteristischem Bild (Piringer-Ku-chinka-Syndrom). Nach einigen Wochen oder wenigen Monaten bilden sich diese Symptome vollständig zurück. In seltenen Fällen bestehen Lymphknotenschwellungen und Müdigkeit für mehrere Jahre.
Die Serologie ist dabei wenig hilfreich, denn ImmunglobulinG-Antikörper können von der Mutter stammen & der Nachweis von lmmunglobulinM-Antikörpern ist zumeist negativ. Auch der direkte Nachweis durch PCR mittels Blut aus den Blutgefäßen hilft im Normalfall nicht weiter. Ein negativer PCR-Befund kann eine frische bzw. kürzliche Infektion bei Immungesunden, wegen der nur kurzen & schwachen Phase von Parasiten im Blut, nicht ausschließen. Als Ultima Ratio kommen hier nur die Liquor-PCR oder bildgebende Verfahren in Betracht.
Diagnostikschema Toxoplasmose (Kurzfassung)
Der sogenannte Sabin-Feldman-Test (SFT) galt lange Zeit als unübertroffen; heutzutage als veraltet und kommt kaum noch zur Anwendung. Ebenfalls älter ist der ELISA-Test, der zwischen IgG-, IgM- und IgA-Antikörpern unterscheidet und oft angewendet wird. Aktuell ist heute der ELFA-Test. Die Toxoplasmoseserologie bei der Schwangeren sollte sehr früh & in Form einer Stufendiagnostik erfolgen.
I. Stufe > IgG-Antikörper Test durch EIA-Verfahren > Serum, EDTA-Blut oder Nabelschnurblut | Screening
II. Stufe > IgM-Antikörper Test durch EIA-Verfahren > Serum, EDTA-Blut oder Nabelschnurblut | hauptsächlich akute Infektion
III. Stufe > IgG-Avidität durch Aviditätstest > Serum oder EDTA-Blut | dient als weiterer Test für die Bestimmung des Infektionszeitpunktes
IV. Stufe > T.-gondii-Nukleinsäurenachweis durch PCR > Liquor, fetales EDTA-Blut oder Fruchtwasser | Zusatztest bei v. a. angeborener Toxoplasmose
Info: Nukleinsäuren sind für Speicherung und Verarbeitung der genetischen Information von großer Bedeutung. EIA=Enzymimmunoassay (ELISA)
Diagnostikschema Toxoplasmose (Detailliert)
I. Stufe IgG-Antikörper-Suchtest
Sie beginnt mit einem breit gefächerten oder IgG-spezifischen Suchtest (Schwangerenserum).
IgG-Antikörper negativ: Bestätigungsdiagnostik im Abstand von 8-12 Wochen.
IgG-Antikörpernachweis positiv: stufenweise Abklärung, ob eine frische Infektion vorliegt.
Einschätzung & Auswirkungen des Nachweises von IgG-Antikörpern
IgG-Antikörper negativ: keine Immunität, keine Infektion | Testkontrolle alle 8-12 Wochen
1. Termin: 6.-8. SSW
2. Termin: 18.-20. SSW
3. Termin: 28.-32. SSWIgG-Antikörper positiv: aktive oder inaktive Toxoplasmose | IgM-Antikörpertestung
Frauen ohne nachweisbare Antikörper sollten während der Schwangerschaft Vorsorgemaßnahmen einhalten. Empfohlen wird es, sich zumindest alle 8-12 Wochen auf toxoplasmaspezifische Antikörper untersuchen zu lassen, damit bereits bei ersten Anzeichen eine individuelle Therapie eingeleitet werden kann.
Deutlicher Anstieg von niedrig aviden IgG-Antikörpern & ggf. IgA-Antikörpern: akute Infektion
Niedrig positiver IgM-Befund: kein ausreichender Beweis für eine akute Infektion, da toxoplasmaspezifische IgM-Antikörper in einigen Fällen jahrelang fortbestehen können. In diesen speziellen Fällen erscheint eine weiterführende Abklärung in einem Speziallabor vorteilhaft.
II. Stufe IgM-Antikörper Suchtest (positiv) oder Wiederholung des IgG-Suchtests (negativ)
Dazu wird in einer weiteren Stufe ein IgM-Antikörpernachweis (Enzymimmunotest) vorgenommen. Die ersten charakteristischen IgM-Antikörper sind oft 1-2 Wochen nach Infektion nachweisbar. Je nach verwendeter Testmethode sind dann nach einigen Tagen bis wenigen Wochen nach der IgM-Serokonversion, toxoplasmaspezifische IgG-Antikörper belegbar.
Test verläuft negativ: Es sind keine weiteren Untersuchungen notwendig, da eine inaktivierte, bereits durchgemachte Toxoplasmoseinfektion vorliegt. Dadurch besteht eine Immunität und somit keine Gefährdung für den Fötus.
Einschätzung & Auswirkungen des Nachweises von IgM-Antikörpern
IgM-Antikörper negativ: inaktive Toxoplasmose, keine weitere Untersuchung notwendig
IgM-Antikörper positiv: aktive oder rückläufige Infektion. Bei rund 90 % besteht eine im Hintergrund vorhandene inaktive Infektion über den Zeitraum von ein bis drei Jahren. Weitere Kontrolle in 2 Wochen. Bei hohem Titer ist eine akute Infektion möglich > Aviditätsmessung
III. Stufe Einschätzung der Antikörperkonzentrationen (positiv)
Bei Vorliegen eines positiven IgG- und/oder IgM-Tests sollten weitere Untersuchungen bzgl. einer Bestimmung charakteristischer Konzentrationen von IgG- und IgM-Antikörpern stattfinden. Werden IgM-Antikörper festgestellt, so folgt in einem weiteren Schritt ein Bestätigungstest mit hoher Erkennungsrate namens ELFA (Enzyme-linked fluorescent assay).
Negatives ELFA-Ergebnis: Es ist von einer durchgemachten Infektion auszugehen.
Positives ELFA-Ergebnis: Bedeutet nicht zwangsläufig, dass eine Gefahr für das ungeborene Kind besteht, da IgM-Antikörper nach einer Erstinfektion noch jahrelang bestehen können.
Hohe IgM- & niedrige IgG-Antikörpertiter: begründen eine erste Verdachtsdiagnose für eine akute Toxoplasmainfektion. Hierbei muss aber beachtet werden, dass es auch akute & symptomlose Infektionen mit schwacher IgM-Immunantwort gibt.
Positiver IgM-Befund & IgG-Antikörper: kein Beweis für eine akute Infektion, da nach einer Erstinfektion IgM-Antikörper jahrelang bestehen können. Vorzugsweise in der Schwangerschaft sind diese bestehende IgM-Antikörper wahrscheinlich öfter als außerhalb einer Schwangerschaft nachweisbar, weil eine TH2-Dominanz mit Verstärkung der nicht-zellulären Immunität zum Schutze der Schwangerschaft eintritt.
Inzwischen hat die Aviditätsbestimmung von IgG-Antikörpern einen wesentlichen Stellenwert in der serologischen Diagnostik eingenommen. Die IgG-Antikörper-Avidität sollte bei jedem positiven IgM-Befund durchgeführt werden. Nur eine starke IgG-Avidität bildet, im Bezug zu einer Ausschlussdiagnostik, eine gesicherte Aussage.
Hochavide IgG-Antikörper (auch bei positivem IgM-Befund): Eine akute Erstinfektion ist diesen Fällen zumeist ausgeschlossen.
Niedrig avide IgG-Antikörper: kein Beweis für eine akute Infektion, da sie unter Umständen, ähnlich wobei wie bei IgM-Antikörpern, jahrelang bestehen können. Eine solche Konstellation bedarf einer weiteren Abklärung in Speziallaboren, die u. a. eine IgA-Antikörperbestimmung sowie Immunoblotanalysen durchführen können.
Inaktive Infektion > IgG niedrig und IgM niedrig
Abklingende Infektion > IgG hoch und IgM niedrig
Aktive Infektion (Therapie) > IgG hoch und IgM hoch
Akute Infektion (Therapie) > IgG niedrig und IgM hoch
IV. Aviditätsmessung zur Bestimmung des Infektionszeitraums
Hohe Avidität: Es kann eine frische Infektion in den letzten vier Monaten ausgeschlossen werden.
Niedrige Avidität: Möglicherweise liegt in diesen Fällen eine frische Infektion mit Toxoplasma vor.
Ist auch mit diesen Abklärungsverfahren und zahlenmäßigen Untersuchungstechniken keine sichere Einstufung des Infektionszeitpunkts möglich, so sind wenige Wochen später weitere serologische Kontrolluntersuchungen bzgl. der Antikörperdynamik unerlässlich.
V. Stufe Kontrolle in 2-3 Wochen oder Sendung an Speziallabor & Kontrolle in 2-3 Wochen
Toxoplasmosebefunde im Ultraschall (Sonografie)
Die als klassische kindliche Symptomentrias bezeichnete Kombination aus Verkalkungen im Gehirn, Entzündung der Aderhaut und Wasserkopf kommt selten vor. Das fetale Ultraschall zeigt v. a. neurologische Veränderungen, welche allerdings unspezifisch für eine Toxoplasmainfektion sein können. Oftmals lassen sich auch im Ultraschallbild Begleitzeichen einer Toxoplasmainfektion innerhalb der Gebärmutter erkennen.
Die häufigsten auffälligen Befunde
- Wasserkopf
verkleinerter Schädel
Verkalkungsherde im Gehirn
zu wenig Fruchtwasser
Gleichzeitige Vergrößerung von Leber & Milz
Weitere Diagnostik beim Neugeborenen (Verdacht oder bewiesene angeborene Toxoplasmose)
Anamnese
Untersuchung des Nervensystems
augenärztliche Untersuchung
Blutbild mit Differenzialblutbild
- Transaminasen: Enzyme, die im Falle einer Undichtigkeit der Zellmembranen ins Gewebe und damit ins Blut gelangen können.
- Bilirubin: Hierbei geht es um einen gelben Blutfarbstoff, der aus der Zerlegung des Hämanteils des Hämoglobins entsteht.
- Kreatinin: Eine Substanz, die mit dem Harn ausgeschieden wird & eine Aussage über die Leistungsfähigkeit der Nieren ermöglicht.
- Immunglobuline: Proteine, die dem flüssigen & nicht zellulärem Abwehrsystem des Körpers angehören und die Aufgaben von Antikörpern wahrnehmen.
Liquor (bei nachgewiesener Infektion und neurologischer Symptomatik)
- Zellzahl
- Eiweiß
- Toxoplasmaantikörper
Auditorische Hirnstammpotenziale (Veränderungen im EEG durch Schallereignis)
Ultraschall inkl. Schädelultraschall & evtl. cCT (craniale Computertomografie) zum Nachweis und Dokumentation von diskreten ZNS-Veränderungen.
Nabelschnurpunktion
Im Gegensatz zur PCR-Untersuchung aus Fruchtwasser, ist die Genauigkeit einer fetalen Nabelschnurserologie, deutlich geringer. Die Treffsicherheit bei dieser indirekten Methode ist vom Zeitpunkt der Schwangerschaft abhängig und liegt bei <10-60 %. Darüber hinaus ist dieses Vorgehen risikoreich und kann eine spontane Fehlgeburt zur Folge haben. Aus den vorgenannten Gründen wird diese vorgeburtliche diagnostische Methode heutzutage nicht mehr vorrangig angewendet.
Antibiotikatherapie
Bis es zu Auffälligkeiten im Ultraschall kommt, bedarf es keiner invasiven vorgeburtlichen Diagnostik. Der Grund bzgl. einer Antibiotikatherapie ist, dass die Entscheidung für oder gegen sie, grundsätzlich unabhängig vom Resultat einer invasiven Diagnostik ist. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass bei Kindern von Müttern, die innerhalb der Schwangerschaft mit Pyrimethamin-Sulfadiazin behandelt wurden, eine Immunantwort beim Kind nur in rund 40 % der Fälle nachweisbar ist. Eine PCR aus Fruchtwasser sollte daher immer vor Beginn einer Kombinationstherapie realisiert werden. Zumindest nach heutigem Kenntnisstand führt die vorherige Behandlung mit Spiramycin, nicht zu falsch-negativen PCR-Ergebnissen im Fruchtwasser. Im Fall von Toxoplasma-Risikoschwangerschaften wird bei symptomlosen Neugeborenen, die Wiederholung der U4 & U5 Serologie empfohlen.
Schwangerschaftsabbruch
Als genaueste Methode zum Beweis oder Ausschluss eines Überganges in das fetale Kompartiment, ist bis heute die PCR aus Fruchtwasser, ab der 18. Schwangerschaftswoche.
Info: Mit dem Wort Kompartiment, wird ein isolierter Bereich innerhalb von Zellen bezeichnet, in denen sich Funktionen oder Abläufe größtenteils autonom von anderen ereignen.
Ist die Infektion des Fötus mit Toxoplasmen bestätigt & sind ebenfalls erste Symptome im Ultraschall festzustellen, sollte ein Abbruch der Schwangerschaft in Erwägung gezogen werden. Die Toxoplasmainfektion beim Ungeborenen kann schwere kindliche Schädigungen hervorrufen. Damit in diesen Problemfällen die richtige Entscheidung zwischen Abbruch und Therapie getroffen werden kann, ist sowohl eine gute Teamarbeit zwischen Gynäkologen & Mikrobiologen als auch ein genaues Ultraschallbild unabdingbar. Die Vorgehensweise des Schwangerschaftsabbruchs muss mit den Eltern in einem detaillierten Gespräch erörtert werden.
Differenzialdiagnose bei Menschen
Das können andere Erkrankungen sein, die aufgrund ähnlicher Symptome, mit den entsprechend fett gedruckten Toxoplasmainfektionen verwechselt werden können.
Angeborene Toxoplasmose des Neugeborenen
Zytomegalie
Röteln
andere Infektionskrankheiten
Toxoplasmainfektion nach der Geburt
Bei Entzündung der Lymphknoten
Bösartige Lymphknotenvergrößerung im Hals- & Nackenbereich, sog. Lymphome, z. B. bei Morbus Hodgin
Bei Lymphknotenbeteiligung durch andere Infektionskrankheiten
Epstein-Barr-Virus
Streptokokkenangina
Katzenkratzkrankheit (KKK)
Toxoplasma-Gehirnentzündung
Gehirnentzündungen anderer Ursache
bakterielle Gehirnabzesse
primäre Lymphknotenvergrößerungen