Toxoplasmose: Infektionsschutzgesetz bei Katzen & Menschen
Die weltweite Verbreitung von Toxoplasma in Zahlen
Infektionsschutzgesetz & Meldepflicht
In Deutschland ist der direkte & indirekte Nachweis einer angeborenen Toxoplasmose gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) § 7 Abs. 3 meldepflichtig. Diese Fälle werden ohne Namen an das Robert-Koch-Institut (RKI) weitergeleitet. Die Leiter der jeweiligen Einrichtungen, an denen die Erregerdiagnostik durchgeführt wurde, tragen dafür die Verantwortung.
Die Zahl der dem RKI gemeldeten Fälle von angeborener Toxoplasmose sind von über 100 im Jahr 2001 auf 10 im Jahr 2006 zurückgegangen. In NRW hat es 2010 keinen einzigen gemeldeten Fall von angeborener Toxoplasmose gegeben.
Info: Ebenso meldepflichtig sind die Infektionen bei Hunden und Katzen.
Da nur angeborene Infektionen meldepflichtig sind, stehen hierzulande für die Infektion nach der Geburt keine verlässlichen Daten zur Verfügung. Ein Großteil der vor der Geburt infizierten Kinder entwickelt erst im jugendlichen Alter Auffälligkeiten. Aus diesem Grund kann man von einer hohen Dunkelziffer ausgehen. Die häufigste Form ist eine Entzündung der Netzhaut (Chorioretinitis).
Nur jeder 3. bis 5. Fall von angeborener Toxoplasmose wird auch gemeldet.
Weniger als 20 Fälle von angeborener Toxoplasmose werden jährlich in Deutschland gem. IfSG gemeldet.
Bis zu 1400 direkt Betroffene sind es vermutlich aufgrund von Zahlen (diaplazentarer Übertragung, klinischer Symptomatik bei Geburt und insbesondere Spätmanifestationen).
Toxoplasmose bei Menschen (allgemein & weltweit)
Toxoplasma ist Untersuchungen zur Folge der am weitesten verbreitete Parasit auf unserem Planeten. Dass dieser Eindringling so erfolgreich ist, hängt hauptsächlich mit seiner anspruchslosen Wirts- und Zellspezifität zusammen. Die durch ihn verursachte Infektion, die Toxoplasmose, ist beim Menschen und bei warmblütigen Tieren weltweit verbreitet.
Toxoplasmen haben viele Tricks um das Immunsystem ihres Wirtes zu täuschen. Einer davon ist, dass die durch sie ausgelöste Infektion oft symptomlos verläuft und damit unentdeckt bleibt. Aus diesem Grund wurde ihre globale Verbreitung erst nach der Einführung eines spezifischen serologischen Tests von Albert Bruce Sabin und Harry Alfred Feldman im Jahre 1948 entdeckt. Dabei hatten Charles Jules Henri Nicolle und Louis Herbert Manceaux den Parasiten bereits 1908 in afrikanischen Nagetieren (Gondi) nachgewiesen. Erst im Jahre 1967 entdeckte schließlich William McPhee Hutchison die Rolle der Katze als Hauptwirt und Überträger.
Der Hauptübertragungsweg beim Menschen ist regional stark unterschiedlich, wie auch aus den folgenden Zahlen dieses Artikels ersichtlich wird. In Europa hat der Großteil der Übertragungen ihre Ursache im Verzehr von zystenhaltigem, ungenügend erhitztem oder unzureichend tiefgefrorenem Fleisch. In den USA verhält es sich umgekehrt, hier ist der Hauptübertragungsweg Katzenkot.
- 20-40 % der Weltbevölkerung sind infiziert
- 10-90 % der Erwachsenen sind je nach Ernährungsgewohnheiten und Hygienebedingungen weltweit befallen.
- 10 % nimmt mit jedem Lebensjahrzehnt die Seroprävalenz zu und erreicht in der Altersgruppe der 60- bis 65-jährigen bis zu 70 %.
- 80 % (max.) der Bevölkerung verfügt je nach geografischer Lage über nachweisbare Antikörper.
weltweit beträgt die Inzidenz der vorgeburtlichen Toxoplasmainfektion 0,12-2 ‰.
Info: Mit Inzidenz wird die Anzahl der Neuerkrankungsfälle einer bestimmten Erkrankung innerhalb eines bestimmten Zeitraums bezeichnet.
Bedeutende Faktoren für die Verbreitung von Toxoplasma
Absetzen von im Kot enthaltenen Oozysten (Hauskatzen)
Verbreitung und Umweltresistenz von Oozysten
Erregerübertragung auf End- und Zwischenwirte
Immunitätslage der Wirte
Augentoxoplasmose - okuläre Toxoplasmose (OT) bei Menschen (weltweit)
Die Augentoxoplasmose ist bei Patienten mit einem gesunden Immunsystem die häufigste Ursache. Diese Entzündung im Auge betrifft Aderhaut, Netzhaut & Glaskörper und wird medizinisch als posteriore Uveitis bezeichnet. Die verschiedenen Fakten deuten darauf hin, dass wahrscheinlich geografische als auch Parasiten & wirtsbezogene Faktoren von Bedeutung sind.
16 bis 35 % aller Entzündungen der Netz- & Aderhaut sind schätzungsweise in Mitteleuropa durch diesen Erreger bedingt.
- 0,018 % (18 v. 100000) beträgt das Risiko im Verlauf des Lebens in Großbritannien eine OT zu entwickeln
- 0,382 % (382 v. 100000) beträgt das Risiko eine OT in Westafrika zu bekommen
0,6 % ist die Prävalenz der OT in den USA
- 17,7 % ist die Prävalenz in Südbrasilien.
Toxoplasmose bei Menschen in Deutschland (allgemein)
Vermutlich steht in Deutschland die Seroprävalenzrate mit dem Alter in Relation.
Info: Die Seroprävalenz ist die Anzahl der positiv getesteten serologischen Parameter zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer bestimmten Population (Antikörper).
- 0,9 % nimmt die Seroprävalenz pro Lebensjahr in Deutschland zu und korreliert relativ gut mit dem Lebensalter.
- 30-60% so hoch ist die mittlere Befallsrate in Deutschland je nach Region. Festgestellt durch Antikörpernachweise.
Toxoplasmose vor & während der Schwangerschaft in Deutschland
Die akute Toxoplasmose beim Erwachsenen stellt speziell während der Schwangerschaft ein Problem dar, denn bei 80 % bis 90 % der Schwangeren die Antikörper entwickeln fehlt eine entsprechende grippeartige Symptomatik. Die Schäden, die durch eine mütterliche Erstinfektion in der Schwangerschaft beim Fötus entstehen, sind abhängig vom Infektionszeitpunkt, Infektionsdosis & immunologischer Kompetenz der Mutter.
Während mit zunehmender Schwangerschaftsdauer die Wahrscheinlichkeit einer vorgeburtlichen Infektion zu nimmt, sinkt die Schwere der Erkrankung. Bei einer akuten Infektion oder dem Vorliegen von entsprechenden Anzeichen sollte umgehend eine Behandlung erfolgen. Referenzlabors können in unklaren Fällen & bei speziellen Fragen weiterhelfen.
Durch eine im Hintergrund bereits vorhandene Infektion, wird bei einer wiederholten Aufnahme der Parasiten, ein erneutes Auftreten von Toxoplama im Blut verhindert. Dadurch ist der Fetus während der Schwangerschaft meistens vor einer vorgeburtlichen Toxoplasmoseinfektion geschützt.
0,5 %-0,9 % ist je nach Literatur die geschätzte Inzidenz der während der Schwangerschaft erworbenen Erstinfektion.
0,5 % als angenommene Inzidenz bei ca. 700.000 Lebendgeburten und einer diaplazentaren Übertragungsrate von ca. 40 % ergibt mehr als 1000 vor der Geburt infizierte Kinder pro Jahr.
60-100 Kinder von diesen 1000 vorgeburtlich Infizierten können Symptome bei der Geburt auszeigen.
500 weitere vorgeburtlich infizierte Kinder haben mit Spätkomplikationen zu rechnen.
38,3 % betrug dabei die Seroprävalenz der Mütter.
Symptomatische (angeborene) Toxoplasmose in Deutschland
Die Häufigkeit der angeborenen Toxoplasmose steht in Wechselbeziehung mit dem Schwangerschaftsalter bei Infektion, während die Schwere der kindlichen Erkrankung damit negativ in Wechselbeziehung steht.
- Weniger als 10 % der Embryos werden in den ersten acht Schwangerschaftswochen infiziert (Erstinfektion der Schwangeren).
- 50 % der Feten ab der 30. Schwangerschaftswoche
- 80 % und mehr werden seroprävalent ab der 36. Schwangerschaftswoche infiziert.
- 10-20 (1:35000-1:70000) Kinder sind offiziell von der symptomatischen angeborenen Toxoplasmose betroffen.
- Weniger als 10 % der infizierten Kinder sind bei der Geburt symptomatisch.
Schäden innerhalb des Schädels (typischerweise Verkalkungen)
40 % der Kinder waren in den ersten drei Monaten betroffen (Erstinfektion der Mutter).
- Weniger als 10 % bei Infektion ab der 30. Schwangerschaftswochen mit sinkendem Prozentsatz bei noch späterer mütterlicher Infektion.
- 20 %-30 % sind unabhängig vom Zeitpunkt durch Augenveränderungen betroffen
Symptomatische Kinder weisen bei der Geburt eine kombinierte Entzündung von Gehirn & Hirnhäuten, einen Wasserkopf, Entzündung der Netzhaut, Taubheit und/oder Krampfanfälle auf.
Asymptomatische (zunächst symptomlose) Toxoplasmose in Deutschland
50-80 % der zunächst bei der Geburt klinisch unauffälligen Kinder entwickeln bis zum Alter von 20 Jahren Spätschäden. Hauptsächlich in Gestalt einer Augentoxoplasmose mit Retinochorioiditis.
Spätschäden können also erst nach Jahren in Erscheinung treten. Häufig handelt es sich dabei um Vernarbungen der Netzhautperipherie. Zum Glück führen diese nur selten zu einer deutlichen Sehbeeinträchtigung. Weitere Auffälligkeiten können Lernschwierigkeiten & geistige Behinderung sein.
Toxoplasmose bei Menschen in Europa (allgemein)
- 50 % aller Menschen im Alter von 1-70 Jahren sind in Europa infiziert, altersabhängig steigen die Infektionsraten auf > 80 % an.
Toxoplasmose vor & während der Schwangerschaft in Europa
- 1-7 Fälle pro 1000-10000 Lebendgeburten (je nach Literatur)
- 0,3 %-1 % beträgt insgesamt das Infektionsrisiko einer Frau ohne nachweisbare Antikörper im Verlauf der neun Schwangerschaftsmonate (je nach Quelle)
- 0,8 % ist die Inzidenz der während der Schwangerschaft erworbenen Erstinfektion in Westeuropa
- 0,3 % beträgt die Inzidenz in Nordeuropa
- 25-54 % der mitteleuropäischen Frauen im gebärfähigen Alter verfügen über eine spezifische Immunität gegen Toxoplasmen.
- 30 %-50 % der schwangeren Frauen in den deutschsprachigen Ländern haben bereits eine Toxoplasmoseinfektion vor dem Eintritt der Schwangerschaft durchgemacht.
- 30 % aller schwangeren Frauen in Großbritannien haben nachweisbar Antikörper
- 44 % aller schwangeren Frauen in Frankreich haben nachweisbar Antikörper
Toxoplasmose bei Katzen
- 0,7-4,5 % der Katzen scheiden nach Querschnittsuntersuchungen Oozysten vom Toxoplasma-Hammondia-Typ aus
- 45-74 % der Katzen weisen Antikörper gegen Toxoplasma gondii auf. Streunende (jagende) Katzen auf dem Lande sind am Meisten betroffen.
- 1 %-2 % sind maximal Oozystenausscheider aufgrund der schützenden Immunität (oft junge Katzen unter 6 Monaten).
- 16 % durch sporulierte Oozysten
- 97 % Bradyzoiten (in Zysten); das unterstreicht die besondere Rolle rohen Futterfleisches
Toxoplasmose bei anderen Tieren
- 90 % der Nutztiere können durchseucht sein
- 27 % der Kleinvögel (max.) | Prävalenz 20 %
- 27 % der Ratten & andere wild lebende Nager (max.) | Prävalenz 20 %
- 15-33 % der Wildschweine
- 13 % Rehe oder Hirsche
- 4 % Fasane
- 2,6 % Hasen
- <1 % Hausmäuse
Im Vergleich zur Infektionshäufigkeit ist die Inzidenz von Erkrankungen allgemein niedrig.